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Besprechung ausgewählter DVDs - Einführung
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Hier finden Sie ausführliche Besprechungen folgender DVD`s:
1. The Stuttgart Concert (AvK)
2. Jazz-Icons, Oscar Peterson - Live in '63, '64 &
'65 (AvK)
3. Einige "besondere" Peterson-DVD`s (H. Puschmann +
AvK))
1. Oscar Peterson Trio: "The Stuttgart Concert"
© Arnold van Kampen


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Achtung: "Oscar Peterson - The Stuttgart Concert" fast
identisch mit "Oscar Peterson – Live in Germany 1988"
Die DVD "Oscar Peterson - The Stuttgart Concert" ist seit
einiger Zeit im Handel. Zu unserer Überraschung ist dieses wunderbare
Konzert (veröffentlicht bei Inakustik) allerdings nahezu identisch mit
der bereits früher erschienenen DVD
"Oscar Peterson Trio – Live in Germany", veröffentlicht 1988 von
JazzShots.
Die "neue" DVD wird als "The Stuttgart Concert"
bezeichnet und wurde gemäß Hüllentext aufgenommen im ZDF Jazz-Club –
Stuttgart (Inakustik INAK 6479).
Die DVD "Live in Germany, 1988" wurde gemäß Hüllentext in der
Stadthalle Leonberg aufgenommen , einer Stadt etwa 13 Kilometer westlich
von Stuttgart. Veröffentlicht bisher unter JazzShots, 2869098.
Beide DVDs geben als Aufnahmedatum an: 25. April 1988.
Die DVDs sind nahezu identisch. Sie unterscheiden sich aber in folgenden Punkten:
"Leonberg" ist um 2 Titel kürzer, enthält aber als Bonus ein kurzes Interview mit Oscar Peterson, geführt von Sylvia Droste und leider in deutscher Sprache synchronisiert.
"Stuttgart" hat zwei zusätzliche Stücke, die aus unklaren Gründen auf der früher erschienenen DVD fehlen: "Soft Winds", 6:17 Minuten und "Sushi", 8:29 Minuten. Das Interview mit Oscar fehlt dagegen.
Wir müssen also alle jene Peterson-Freunde warnen, die "Live in Germany, 1988", JazzShots 2869098 bereits besitzen. Klar, die "neue" DVD "The Stuttgart Concert" auf Inakustik, INAK 6479 enthält 2 Stücke mehr; aber ob das 20,00 € Wert ist, muß jeder selbst entscheiden.
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Wir konnten uns nicht erklären, warum Inakustik das Konzert erneut veröffentlicht hat, zumal "Live in Germany, 1988" wohl immer noch erhältlich ist. Wir haben deshalb an Inakustik geschrieben und um eine Erklärung gebeten. Hier ist die Antwort:
"Sehr geehrter Herr van Kampen, sehr geehrter Herr Puschmann,
bezugnehmend auf Ihre mail möchten wir Ihnen mitteilen, dass es sich bei
dem von Ihnen erwähnten Produkt "Live in Germany, 1988" lt.
Aussage von Oscar Petersons Witwe und dem Estate of Oscar Peterson um
eine nicht legalisierte Veröffentlichung handelt.
Mit freundlichen Grüßen
Bernhard Rössle|Leitung A & R Inakustik"
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Damit hätten wir das auch geklärt und meinen, die "Neuveröffentlichung" als "The Stuttgart Concert" findet dadurch ihre Rechtfertigung. "Live in Germany, 1988" war also ein "Bootleg".
Da "Live in Germany, 1988" bereits im Netz besprochen wurde, macht es keinen Sinn, hier eine weitere Rezension von "The Stuttgart Concert" einzustellen.
Allerdings sei bemerkt, dass die beiden statt des Interviews jetzt neu veröffentlichten Stücke "Soft Winds" und "Sushi" großartig sind. Übrigens war ich ohnehin nicht allzu glücklich über das in Deutsch synchronisierte Peterson-Interview auf der früheren Veröffentlichung.
Fazit: falls Sie dieses tolle Konzert noch nicht besitzen, sollten Sie die Version mt den zusätzlich 15 Minuten Musik wählen, also das gerade jetzt veröffentlichte "The Stuttgart Concert".
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Titelfolge von "Live in Germany, 1988":
- The Lamp Is Low 8:28
- Who Can I Turn To 7:52
- Love Ballad 10:42
- Cakewalk 7:00
- Medley: My Foolish Heart / Body And Soul 9:47
- City Lights 6:52
- Duke Ellington Medley: I Got It Bad And That Ain`t Good / Satin Doll / C Jam Blues / Lush Life / Caravan 12:31
- Blues Etude 5:27
- Iinterview 2:51
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Titelfolge von "The Stuttgart Concert":
- The Lamp Is Low
- Who Can I Turn To?
- Soft Winds
- Love Ballade
- Cakewalk
- Medley: My Foolish Heart/Body And Soul
- City Lights
- Sushi
- Medley: I Got It Bad And That Ain't Good/Satin Doll/C-Jam Blues/Lush Life/Caravan
- Blues Etude
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Die Musiker:
- Oscar Peterson - Piano
- Dave Young - Bass
- Martin Drew - Drums
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2. Oscar Peterson - Live in '63, '64 & '65
© Arnold van Kampen

Oscar Peterson Live `63, `64, & `65, Jazz Icons
Arnold van Kampen hat uns erlaubt, sein ursprünglich für Amazon in Englisch verfasstes "Review" der Peterson-DVD "Oscar Peterson - Live in '63, '64 & '65" hier noch einmal in Deutsch einzustellen. Auf die Originalarbeit bei Amazon sei aber ausdrücklich hingewiesen.
Diese Konzert-DVD umfasst Mitschnitte der frühen 60er-Jahre aus Finnland, Schweden und Dänemark mit dem Trio Peterson-Brown-Thigpen.
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Hier das "Review" von Arnold van Kampen:
Das Oscar Peterson Trio aus den sechziger Jahren mit Ray Brown und Ed Thigpen war nicht nur Oscars persönlich bestes Trio, nein, es war das beste Jazz-Trio aller Zeiten überhaupt.
Es zeichnete sich aus durch eine völlige Einbindung und Verflechtung der 3 Musiker, eine totale Hingabe für einander, ein Gruppenverständnis und eine Geschlossenheit, die in der Geschichte des Jazz wohl unübertroffen ist.
Diese DVD fängt Höhepunkte ein aus drei verschiedenen Konzerten des
Trios:
Das erste Konzert aus 1963 - aufgenommen in einem schwedischen
Fernsehstudio vor einem Live-Publikum - ist zwar durchaus nicht
schlecht, erscheint uns aber irgendwie doch eher wie eine
Routineangelegenheit. Allerdings ist das Stück "Chicago"
großartig gelungen.
Das letzte Konzert aus 1965 - aufgenommen in einer Konzerthalle in Helsinki - rückt hauptsächlich Clark Terry als Trompeter, aber auch als Sänger in den Mittelpunkt. Der spielt hier nicht nur großartig auf Trompete und Flügelhorn, sondern stellt auch die Halle auf den Kopf mit seinem "Mumbles", heute ein absoluter Klassiker.
Das Superkonzert der DVD schlechthin aber ist jenes aus dem "Holbaek Jazz Club" in Dänemark, aufgenommen im Jahre 1964.
Oscar, Ray und Ed wirken hier äußerst inspiriert und spielen besonders lange Versionen, beginnend mit "Soon", gefolgt von einem hart swingenden "On Green Dolphin Street" und einer der besten jemals veröffentlichten Interpretationen von "Bag`s Groove".
Dann kommt ein vielleicht etwas zu kurz geratenes, aber sehr schönes "Tonight".
Aber der Supertrack ist ohne Zweifel "C-Jam-Blues"!
Wenn Sie bei diesem Swing-Titel still sitzen bleiben können, sollten Sie besser einen Arzt aufsuchen.
Mehr als 9 Minuten lang ist Oscar ein pures Kraftwerk voller Erfindungsreichtum, allein schon seine lange Einleitung ist ein Knüller. Ray zelebriert eines der besten jemals gespielten Bass-Soli und Ed ist scharf wie eine Rasierklinge. So ist die Stimmung bereits perfekt für Oscars Einsatz vorbereitet.
Eine bessere Version des "C-Jam-Blues" werden Sie niemals mehr hören können.
Das ist Oscar auf höchstem Level, unübertroffen, antreibend, die Tempi wechselnd und virtuos-swingend, ein Level, von dem man nur träumen kann. In dieser Form ist er auf Tonträgern überhaupt nur ein einziges weiteres Mal zu hören, und zwar während der großartigen "London House Sessions" (5 CD-Box).
Der "C-Jam-Blues" allein ist es wert, die DVD zu kaufen. Diese Aufnahme wird Sie völlig gefangen nehmen und Sie werden sich nie wieder fragen müssen, welches das beste Jazz-Trio aller Zeiten war. Denn genau das werden Sie jetzt definitiv für immer wissen.
Das nächste Stück ist das wunderschöne "Hymn To Freedom", wenn es auch leider zum Ende hin durch irgendeinen Dummkopf ruiniert wird, der in die Mikros von Ray und Ed trampelt.
Dieses Konzert wurde im Dänischen Fernsehen gesendet unter dem Titel "Swing it Oscar". Nun, genau das hat er 1964 im Holbaek Jazz Club ganz ohne Zweifel getan.
5 Bewertungssterne für die DVD und 500 für "C-Jam-Blues".
PS: Wird sich bitte endlich einmal irgendjemand in Dänemark aufmachen, um uns das gesamte Holbaek-Konzert zu schenken! Bitte!

Durchgeistigt: Oscar Peterson in Dänemark, 1964 - Foto im Booklet der DVD "Jazz Icons - Oscar Peterson Live in `63, `64 & ´65"
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Artikel: © Arnold van Kampen, jazz writer, critic, radio host,
discographer etc.
Übersetzung: Helmut Puschmann
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PDF-Download dieses Artikels
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3. Einige "besondere" Peterson-DVD`s
Artikel: Dr. Helmut Puschmann

Ausschnitt aus dem DVD-Cover "Oscar Peterson - A night in Vienna", Verve
Von Oscar Peterson gibt es zahlreiche weitere ganz hervorragende Konzertmitschnitte und Studio-Aufnahmen auf DVD.
Bis vor kurzem haben wir hier nur auf die folgenden 3 DVDs hingewiesen:

Oscar Peterson Trio - London Concert 1.10.1964 (mit Ray Brown & Ed Thigpen)
The Berlin Concert - 2.6.1985 in der Berliner Philharmonie (mit Nils-Henning Orsted-Pedersen (b) & Martin Drew (dr)
Oscar Peterson - A night in Vienna am 21.11.2003 (mit Niels-Henning Orsted-Petersen (b), Ulf Wakenius (g) & Martin Drew (dr)
Kurze Würdigung der 3 DVDs:
Oscar Peterson Trio - London Concert aus 1964 zeigt den 39-jährigen Jazz-Pianisten mit seinem wohl bekanntesten Trio auf der Höhe seiner Kunst und Berühmtheit.
Siehe das nebenstehende Cover.
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Das Berlin-Konzert in der Philharmonie aus 1985 präsentiert uns
den gereiften 60-jährigen Peterson mit allen, auch den lyrischen
Facetten und seiner immer noch phänomenalen Technik.
Das Konzert in Wien "Oscar Peterson - A night in Vienna"
aus 2003 im Goldenen Saal des Musikvereins bringt uns den Künstler nach
seinem Schlaganfall nahe und berührt in ganz besonderer Weise unser
Herz: Peterson ist durch seine Erkrankung sichtlich gezeichnet. Er
spielt fast ausschließlich mit der rechten Hand, die linke Hand steuert
nur noch selten wenige Töne bei. Er ist mit seinen fast 79 Jahren immer
noch absolut präsent, erscheint aber zudem bereits durchgeistigt.
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Die 3 im Abstand von jeweils ca. 20 Jahren aufgezeichneten Konzerte sind bewegende Zeitdokumente. Das London-Konzert ist nur unter historischer Sicht von Interesse, Bild und Ton lassen zu wünschen übrig. Die Konzerte in Berlin und Wien aber sind technisch einwandfrei, sehr professionell in Szene gesetzt und haben wunderbar klingende Tonspuren.
Für manchen von uns wird es in der Vergangenheit keine Gelegenheit gegeben haben, diesen großen Künstler und Menschen einmal live zu sehen. Diese 3 DVDs und auch die nachfolgend beschriebenen weiteren 5 Spitzen-DVDs lasen uns dafür jetzt im Nachhinein "in der ersten Reihe" sitzen.
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Zwischenzeitig hat mich Arnold van Kampen auf 4 weitere DVDs von Oscar Peterson aufmerksam gemacht
- Oscar Peterson Solo `75 in Montreux
- Oscar Peterson Trio `77 in Montreux
- Big 4 , The Tokyo Concert 1983
- Oscar Peterson`s Easter Suite
Arnold hält diese 4 DVDs (wie auch "Oscar Peterson Live in `63, `64 & `65", s.o.) für besser und beseelter als die erstgenannten 3 DVDs
Oscar Peterson Solo `75 während des Jazz Festivals in Montreux ist ein atemberaubender Mitschnitt und zeugt von der fast übermenschlichen, jdenfalls schier unbegreiflichen Meisterschaft des Pianisten.
Oscar Peterson Trio `77 wurde aufgenommen während des Jazz-Festivals in Montreux 1977 und zeigt uns Oscar Peterson in bester Spiellaune zunächst Solo und dann im Trio mit 2 Bassisten, nämlich mit Ray Brown und Niels Pederson. Eine Bestzung, die Charme hat und die uns begeistert. Diese Aufnahme gibt es übrigens auch als Audio-CD.
Big 4, The Tokyo Concert 1983 präsentiert uns das Peterson Quartett mit Joe Pass (g), Niels-Henning Orsted Pedersen (b) und Martin Drew (d) in überragender Form und vollem gegenseitigen Verständnis.
Oscar Peterson`s Easter Suite wurde 1984 mit Niels-Henning Orsted Pedersen und Martin Drew im Studio aufgenommen und ist für mich das "durchgeistigste" Werk Petersons. Hier wird die Ostergeschichte vom Abendmal bis zur Auferstehung in 9 Stücken (Sätzen) vertont. Die Kompositionen stammen von Oscat Peterson selbst und die ganze Aufnahme ist eine einzige spirituelle Darbietung voller Größe, voller Ernst und voller Würde. Ich scheue mich nicht, zu sagen, dass dieses Werk mit den großen Oratorien unserer alten Meister mithalten kann. Und noch dazu trifft es uns "mitten ins Herz".
Wer nicht das Glück hatte, Oscar Peterson einmal love zu erleben, kann sich an Hand dieser DVDs zumindest ein kleines Bild der enormen Bühnenpräsenz dieses Ausnahmekünstlers machen.
Oscars Witwe, Kelly Peterson schreibt über ihren verstorbenen Mann: "His physical presence is gone from us, but Oscar Peterson lives on in his music, and in the people who listen to it".




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vorstehender Artikel: Dr. Helmut Puschmann
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Solo-Werke
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