282d. O..P. Header Text

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Die "Exclusively For My Friends"-Sessisons Rezensionen

Verfasser des Artikels: Arnold van Kampen, © 2011

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Die Einspielungen der 7 Alben und des Album "Tracks"

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Anmerkung: Schauen Sie bitte auch unter Neuauflage der "Exclusively for my friends"-Serie mit neuer Zusatz-CD

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Action - Vol. I

Die Interpreten:
Oscar Peterson (p),
Ray Brown (b),
Ed Thigpen (dr)

Die Tracks:
I've Got A Crush On You (1963)
Foggy Day (1963)
Like Someone In Love (1963)
At Long Last Love (1964)
Easy Walker (1964)
Tin Tin Deo (1964)

Aufnahmedaten:
27. März 1963 und 24. April 1964 "live" im Privatstudio HGBS (= Hans Georg Brunner-Schwer), Villingen/Schwarzwald, Deutschland

Auf dieser ersten Platte der Serie mit dem Peterson-Brown-Thigpen Trio begegnen uns wunderschöne Interpretationen von "I`ve Got A Crush On You", "Easy Walker" und "Like Someone In Love" neben höchst lebendig-fließenden Fassungen von "At Long Last Love" und "A Foggy Day". Das schönste Stück jedoch ist "Tin Tin Deo", dessen funkelnde Brillanz durch die superbe Aufnahmetechnik von Hans Georg Brunner-Schwer in Vollendung eingefangen worden ist.

Auf der vorhergehenden Seite Einführung in die "Exclusively For My Friends"-Sessions berichtet uns Oscar Peterson, wann und unter welchen Umständen die Aufnahmeserie in Villingen begann und warum es erforderlich war, die bisher veröffentlichten Aufnahmedaten zu hinterfragen und zu korrigieren.

Die allererste Einspielung der legendären "Exclusively For My Friends”-Serie fand statt in der Nacht vom 26./27. März 1963. Die Musiker kamen zu dieser Session direkt aus Zürich, wo sie noch am 26.3.63 ein Konzert gegeben hatten zusammen mit Ella Fitzgerald (mit dem Tommy Flanagan Trio) und Roy Eldridge (tp). Ein Jahr später war der Ablauf ähnlich: Die zweite Session in Villingen in der Nacht vom 23./24. April1964 folgte - wie im Jahr zuvor - direkt auf ein Konzert in Zürich vom gleichen Tage. Und noch am 24.4.2011, 24.00 Uhr, gab das Oscar Peterson Trio ein weiteres Konzert im Concertgebouw, Amsterdam.

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39. Ankündigung Zürich-Konzert Web

Inserat "Neuen Züricher Zeitung" 26.3.1963

106. O.P. Advert. Zürich (23.4.64)

Inserat "Neuen Züricher Zeitung" 23.4.1964

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27. Program German Tour 1965 Web

Oben die Ankündigungen der Konzerte in Zürich vom 26.März 1963 und vom 23. April 1964 in der "Neuen Züricher Zeitung".

Direkt nach diesen beiden Konzerten wurden noch in der jeweils folgenden Nacht das erste und das zweite Konzert der Serie in Villingen aufgezeichnet.

Rechts das Titelblatt des Programmheftes der Europa-Tournee von 1965, zugleich die letzte Tournee des Peterson-Brown-Thigpen Trio.

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101. O.P. Efmf Vol. 2

Girl Talk - Vol. II

Die Interpreten:

Oscar Peterson (p), Ray Brown (b),
Louis Hayes (ds) 1965

Oscar Peterson (p), Sam Jones (b),
Louis Hayes (ds) 1966

Oscar Peterson (p), Sam Jones (b),
Bobby Durham (ds) 1967

Oscar Peterson (p) solo 1968

Aufnahmedaten:
18. Oktober 1965, 24. März 1966 und
12. November 1967, jeweils "live” im Privatstudio HGBS, Villingen/Schwarzwald, Deutschland und am 1.4.1968 im MPS-Tonstudio Villingen (siehe auch das Interview mit Oscar Peterson in der Einleitung).

Die zweite Einspielung der Serie wird von nicht weniger als 3 unterschiedlichen Trios bestritten und bereitet mit dem Medley "I Concentrate On You / Moon River" zudem auch die wunderbare und in der Tat wirklich erste plattenfüllende Soloaufnahme Petersons vor, nämlich "My Favorite Instrument" als Volume 4 des Zyklus "Exclusively For My Friends".

Die Aufnahmen vom 18. Oktober 1965 waren übrigens nicht die ersten dieses Jahres im Hause Brunner-Schwer. Es gab nämlich noch eine frühere Session am 10.5.1965, deren Stücke aber viel später, nämlich erst im Jahre 1996 auf der CD "The Lost Tapes" veröffentlicht wurden.

Das Trio im Wechsel der Zeiten:

Das Peterson-Brown-Thigpen Trio ist für viele das "beste Trio, das Oscar Peterson jemals hatte". Dieses Trio aber löste sich auf zum Ende der Europa-Tour des Jahres 1965. Ed Thigpen verließ die Gruppe nach einem letzten Konzert in Kopenhagen am 29.5.1965 (veröffentlicht als "Eloquence" auf Mecury/Limelight) und wurde durch Louis Hayes ersetzt.

Und schließlich verließ auch Ray Brown das Trio nach einer sehr engen 15-jährigen Zusammenarbeit mit Oscar Peterson zum Ende einer Japan-Tour am 26.2.1966. Browns Platz nahm Sam Jones ein, der ebenso wie Louis Hayes ein ehemaliges Mitglied des "Cannonball Adderley Quintet" war.

Dieses Trio wurde dann als "The New Trio" im Programmheft der Europatour 1966 angekündigt:

26. Program German Concert The New Trio 65+66 Web

Programmheft der Europa-Tour zu Beginn des Jahres 1966

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Zu den einzelnen Titeln von "Girl Talk"

Die Tracks von "Girl Talk":

Robbin`s Nest (1965)
I`m In The Mood For Love (1966)
On A Clear Day (1967)
Girl Talk (1967)
Medley: I Concentrate On You / Moon River (1968)

In "Robbins Nest" spielt Ray Brown, der für viele Kenner "beste Jazz-Bassist aller Zeiten” mit seiner wundervollen "dunkelbraunen" Tonfärbung zusammen mit Louis Hayes, dem neuen Mann am Schlagzeug.

Und in "I`m In The Mood For Love" bauen Jones und Hayes als Begleiter Oscar Petersons eine wahrhaft romantische Stimmung auf.

Nach dem Ausscheiden von Louis Hayes (5 Jahre später kehrte der allerdings noch einmal zurück) nahm Bobby Durham dessen Platz ein. Oscar Peterson kündigte seinen neuen Schlagzeuger in Konzerten launisch an als "The drummer I stole from the Duke".
Tatsächlich war Durham einer der ganz wenigen Musiker, die von Duke Ellington "gefeuert" wurden. Der Duke hatte - nebenbei bemerkt - seine ganz eigenen subtilen Methoden, Mitglieder des Ensembles loszuwerden. Oscar Peterson allerdings bewunderte Bobby Durham sehr und engagierte ihn nicht einmal 24 Stunden später.

Ellington und Peterson waren große Freunde. Peterson war ein bekennender Fan des Duke und sammelte akribisch dessen Aufnahmen. Und es war gerade auch Ellington, der Oscar Peterson überzeugte, Solo-Konzerte zu geben und Solo-Aufnahmen einzuspielen.

Tatsächlich wurde Petersons erste und zugleich berühmteste Solo-Einspielung "My Favorite Instrument" wie auch das Medley auf "Girl Talk" bereits im April 1968 in Villingen produziert und damit mehrere Jahre vor Oscars Entschluss, künftig auch als Solist aufzutreten. Sein erstes Solo-Konzert vor großem Publikum fand nämlich erst im Jahre 1972 statt.

Das bezaubernde Medley "I Concentrate On You + Moon River" auf "Girl Talk" zeigt aber bereits 1968 eindrucksvoll, dass Duke Ellington Recht hatte, wenn er bemerkte: "Serving without the eggs and the onions". Natürlich meinte er mit dieser Anspielung, dass im übertragenen Sinne Oscar als Kaviar keinerlei weiterer Beilagen bedurfte.

110. O.P. Girl talk signed

Ein Sammlerstück: Cover von „Girl Talk“, doppelt signiert, nämlich gedruckt und durch Oscar Peterson selbst noch einmal von Hand

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102. O.P. Efmf Vol. 3

The Way I Really Play - Vol. III

Interpreten:
Oscar Peterson (p),
Sam Jones (b),
Bob Durham (dr)

Tracks:
Medley: Waltzing Is Hip / Satin Doll
Our Love Is Here To Stay
Sandy's Blues
Alice In Wonderland
Noreen's Nocturne

Aufnahmedatum:
12. November 1967, "live" im Privatstudio HGBS Villingen/Schwarzwald, Deutschland

Kann und soll man wirklich noch darüber diskutieren, ob dies die nicht vielleicht beste Trio-Session der Serie ist?! Das Set beginnt mit einem langen, atemberaubenden Beitrag Bobby Durhams in "Waltzing Is Hip" und geht unvermittelt in eine warme und komplexe Interpretation von "Satin Doll" über.

Petersons Eigenkomposition "Noreen’s Nocturne" veranlasst zu einem höchst interessanten Vergleich mit der treibenden Version seines "First Great Trio", dem Peterson-Brown-Ellis Trio auf dem legendären "Stratford"- Album (veröffentlicht auf Verve).

108. O.P. Single Sandy`s Blues

Doch zur Höchstform läuft Peterson dann auf im inspirierten "Sandy`s Blues" (komponiert für seine zweite Frau Sandra King) und im nicht weniger hart swingenden "Alice In Wonderland".
Prestige war überzeugt, dass "Sandy`s Blues" auf dem amerikanischen Markt ”Hit-Potenzial" hatte und veröffentlichte dieses Stück als Single, siehe das linksstehende Foto.
Ein Jazz-Kritiker begrüßte die Aufnahme, meinte aber, sie solle umbenannt werden in "The Way I Rarely Play".

Doch dieses Urteil kann man so nicht einfach stehen lassen, auch wenn es wohl als ausdrücklich heraushebendes Lob gemeint war. Sicher ist dieses Album eine der besten Arbeiten Petersons; aber bereits zuvor hat er vergleichbar herrlich inspirierte, hart swingende und atemberaubend kraftvolle Aufnahmen eingespielt.

Allerdings gibt es tatsächlich einen wirklich gravierenden Unterschied im Vergleich zu früheren Einspielungen: Und dieser Unterschied bezieht sich auf den einzigartig-prächtigen Klang der Aufnahmen! Man kann Hans Georg Brunner-Schwer nicht genug dafür danken, dass er uns noch heute Oscar Peterson hören lässt, und zwar "the way he really played".

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103. O.P. Efmf Vol. 4

My Favorite instrument - Vol. IV

Interpret:
Oscar Peterson (p)

Tracks:
Someone To Watch Over Me
Perdido
Body And Soul
Who Can`t I Turn To?
Bye, Bye Blackbird
I Should Care
Lulu`s Back In Town
Little Girl Blue
Take The "A” Train

Aufnahmedatum:
1.4.1968, MPS Tonstudio, Villingen/Schwarzwald, Deutschland

Die "Exclusively For My Friends”-Serie wurde erstmalig angekündigt während der Europa-Tour des Oscar Peterson Trio (mit Sam Jones und Bobby Durham) im Oktober/November 1968.

Ich erinnere mich noch sehr lebhaft, wie ich am 19.10.1968 im Concertgebouw Amsterdam das Programmheft studierte und aufgeregt die Ankündigung von vier (!) neuen Alben las:

37. Adverisement Program 1968 of E.f.m.f. Web

Ankündigung der 4 neuen Alben im Programm von 1968

Als "My Favorite Instrument" 1969 veröffentlicht wurde, hielten viele Kritiker diese Einspielung für die bis dahin beste Aufnahme Petersons. Und "My Favorite Instrument" blieb in der Tat auch Oscars eigener absoluter Favorit.

Die Stücke verkörpern umfassend Stimmungen und tonale Reichweiten und stehen für ein Aufnahmeset von einzigartiger Schönheit. Und sie fangen Petersons perfektes Spiel aufnahmetechnisch so ein, wie es zuvor niemals gelungen war.

In der Einleitung habe ich erwähnt, dass diese Aufnahmen am Gründungstag des Labels MPS entstanden und dass Peterson am gleichen Tag einen Vertrag mit MPS unterschrieb. Dieser Vertrag nun ermöglichte es Brunner-Schwer, künftig Tonaufnahmen nicht nur in seinem privaten Wohnzimmer, sondern auch im professionellen MPS-Tonstudio zu produzieren. Dort wartete einer der besten Hamburger Steinways auf Oscar. Also gab es eine Menge zu feiern und die gute Stimmung spiegelte sich entsprechend in den Musikaufnahmen wider.

Oscar Peterson swingt auf "Perdido" und "Bye, Bye Blackbird" nicht weniger hart als in den Einspielungen mit Brown, Ellis und Thigpen. Aber zugleich berühren die Balladen auf wundersam magische Weise, beispielsweise der Titel "Little Girl Blue".

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109. O.P. My favorite instrument signed

Ein Sammlerstück: Cover von „My Favorite Instrument“, doppelt signiert, nämlich gedruckt und noch einmal durch Oscars eigene Hand

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104. O.P. Efmf Vol. 5

Mellow Mood - Vol. V

Interpreten:
Oscar Peterson (p),
Sam Jones (b),
Bob Durham (dr)

Tracks:
In A Mellotone
Nica`s Dream
On Green Dolphin Street
Summertime
Sometimes I`m Happy
Who Can I Turn To?

Aufnahmedaten:
30./31.3.1968, "live" im Privatstudio HGBS Villingen/Schwarzwald, Deutschland

Ein herausragendes Set, das aber nichtsdestoweniger einen entscheidenden Wandel in Petersons Trio-Konzeption verrät, insbesondere im Vergleich mit seinem ersten großen Trio (mit Ray Brown und Herb Ellis) und seinem zweiten großen Trio (mit Ray Brown und Ed Thigpen). Die Mitglieder diese beiden Trios waren jeweils untereinander "gleichberechtigt" (Anmerkung des Übersetzers: Arnold van Kampen spricht von "fully integrated trios").

Sam Jones voller Ton im Verein mit Durhams Rhythmusfundament ist unzweifelhaft ein Aktivposten seines die Gruppe vorantreibenden Powerspieles, allerdings fügt er viel weniger Soli ein als zuvor Brown. So liegt der Schwerpunkt zunehmend bei Peterson, der ohnehin zu dieser Zeit mehr und mehr Solo-Piano spielt.

Die Aufnahme bewahrt uns funkelnde Versionen von "Summertime" und Horace Silver`s "Nica`s Dream". Zudem ist es interessant, die feine Version von "Sometimes I`m Happy" dieser Einspielung zu vergleichen mit jener des Peterson-Brown-Thigpen Trio aus den Chicagoer "London House Sessions" in 1961. (Anmerkung des Übersetzers: Arnold von Kampen wird demnächst auch diese Sessions noch besprechen).

Die wilde und virtuose Interpretation von "Who Can I Turn To?” ist atemberaubend schön, zumal zusätzlich wieder einmal Brunner-Schwers unübertreffliche Aufnahmetechnik besticht.

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105. O.P. Efmf Vol. 6

Travelin` On - Vol. VI

Interpreten:
Oscar Peterson (p),
Sam Jones (b),
Bob Durham (dr)

Tracks:
Travelin` on
Emily
Quiet Night Of Quiet Stars
Sax No End
When Lights

Aufnahmedaten:
30./31. März 1968, "live" im Privatstudio HGBS, Villingen/Schwarzwald, Deutschland

Am Wochenende 30./31.3. und 1.4.1968 wurde nicht nur MPS gegründet und Oscar Peterson von HGBS unter Vertrag genommen, sondern es wurden auch 3 Platten eingespielt, nämlich die beiden Trio-Aufnahmen Volume 5 und Volume 6 dieser Serie und Oscar Petersons allererstes Soloalbum "My Favorite Instrument".

"Travelin` On" (= Vol. VI) ist dabei noch besser als "Mellow Mood" (= Vol. V) und konkurriert mit "The Way I Really Play" (= Vol. III) um den Spitzenplatz der Trioaufnahmen dieser Serie.

Das Titelstück, ein Traditional-Standard, dauert elektrisierende 2 ½ Minuten und ist eine einzige Offenbarung. Nicht weniger überwältigend ist "Sax No End": Oscar transponiert zu HGBSs großer Freude Francy Boland`s komplett als Saxophon-Passage geschriebene Vorlage in eine Piano-Blockakkordform.

"Emily" ist eine der besten Balladeninterpretationen Petersons überhaupt und das subtile "When Lights Are Low" sowie das herrlich pulsierende "Corcovado", auch bekannt als "Quiet Night Of Quiet Stars" runden dieses meisterliche Set ab.

Die ursprünglich 6 Aufnahmen des Zyklus "Exclusively For My Friends" wurden als LPs zwischen 1968 und 1970 veröffentlicht. Später folgten Boxen, z.B. eine 4-LP-Box in England, eine 4-CD-Box mit allen 6 Aufnahmen sowie einzelne CDs und SACDs.

Ich habe Oscar Peterson persönlich mehrfach zu dieser Serie interviewt. Zudem habe ich auch Hans Georg Brunner-Schwer angeschrieben und beiden immer wieder diese eine so wichtige Frage gestellt: "Ist das alles? Oder existiert noch mehr Material?"

Nun, die Antwort auf diese Fragen kam als große Überraschung für viele "Petersonians" ganze 25 Jahre später, als Universal die CD "The Lost Tapes" veröffentlichte, 1 Jahr später gefolgt von einer gleichnamigen LP auf besonders schwerem Vinyl. Die LP enthält allerdings aus Kapazitätsgründen 2 Stücke weniger.

Aber lassen Sie mich vor der Besprechung der "Lost Tapes" zunächst auf eine andere Aufnahme eingehen.

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Nicht nur ich selbst, sondern auch andere Peterson-Fans haben immer wieder darauf hingewiesen, dass das zweite Solo-Album "Tracks", das Oscar 1970 für MPS eingespielt hat, in mancher Hinsicht noch zur "Exclusively For My Friends"-Serie gehört. Und das sicher nicht zuletzt deshalb, weil es eben auch von HGBS aufgenommen und produziert wurde und dadurch unmittelbar mit "My Favorite Instrument" konkurriert. Manche meinen sogar, dass "Tracks" musikalisch seinen Vorgänger "My Favorite Instrument" noch übertrifft.

Also soll hier kurz auch auf diese Einspielung eingegangen werden.

Tracks

80. O.P. Tracks Japan
111. O.P. Tracks (blue sleeve)

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Tracks-Oscar-Peterson

Interpret:
Oscar Peterson (p)

Tracks:
Give Me The Simple Life
Bain Street Blues
Honeysuckle Rose
Dancing On The Ceiling
A Child Is Born
If I Should Loose You
A Little Jazz Exercise
Django
Ja-Da
Just A Gigolo

Aufnahmedaten:
10./13. November 1970, MPS-Tonstudio Villingen/Schwarzwald, Deutschland

Wenn man heute diese herausragende Musik hört, kann man kaum glauben, dass Oscar Peterson 1970, also im Entstehungsjahr dieser Aufnahmen immer noch Bedenken gegen Solo-Konzerte hegte. Erst 1972, also 2 Jahre später kam es zur Solo-Premiere während des Newport Jazz Festival und dieser Auftritt war - was nicht verwundert - gleich ein riesiger Erfolg.

Obwohl Oscar Peterson selbst glaubte, dass "My Favorite Instrument" sein bestes Album überhaupt war (und er hat - grob geschätzt - etwa 500 Alben eingespielt!), scheint mir und anderen "Tracks" doch noch ein Stück besser und gehört sicher zu seinen 10 besten Alben überhaupt.

Von "Highlights" auf "Tracks" zu sprechen, ist gänzlich unmöglich: Jeder einzelne Track ist ein "Meisterstück". Die Spannweite der hier festgehaltenen Emotionen, Tempi und Stimmungen ist nicht mehr zu überbieten.

Da kann es uns auch nicht verwundern, dass viele Klassik-Liebhaber dieses Album gekauft haben und schwer beeindruckt waren, auch wenn sie bis zu diesem Zeitpunkt nichts über Jazz wussten.

Petersons sprudelnde geistige Wendigkeit und sein Witz erweisen sich auf das Wunderbarste in "A Little Jazz Exercise", während "A Child Is Born", "Dancing On The Ceiling" und "Ja-Da" die ultimative Vollendung gefühlvoller Durchdringung und melodischer Schönheit darstellen.

Aber dieses Album ist wiederum auch ein Meisterstück der Aufnahmetechnik HGBSs.
Oscar Peterson, nun ein "offizieller" und sogar exklusiver MPS-Künstler, spielt auf "Tracks" nicht den "Hamburg Steinway" wie etwa bei seinen 1968er Aufnahmen, sondern den vom ihm neuerdings favorisierten "Bösendorfer Imperial Grand", und das hört man. Dieser Flügel hat bekanntlich im Bassbereich einige erweiternde Zusatztasten, insgesamt sind es 97!

Wir hören auf "Tracks" einen virtuosen und in keiner Beziehung mehr zu überbietenden Meisterpianisten, der zudem feinfühlig, inspiriert und durchdacht zu Werke geht. Und gleichzeitig wird uns schmerzhaft bewusst, welch großartigen Künstler und Pianisten wir 1993 verloren haben, als Peterson einen Schlaganfall erlitt und danach seine linke Hand nicht mehr voll einsetzen konnte.

Doch 1970 demonstriert er uns auf "Tracks" noch in absoluter Vollendung, warum nicht zuletzt auch Vladimir Horowitz ihn so sehr bewunderte und viele seiner Konzerte besucht hat.

Etwa 35 Jahre früher hatte sich Maestro Paul de Marky anlässlich der allerersten Klavierstunde an Oscar gewandt und ihm bedeutet: "That there is a grand piano. That`s what I want you to play. All of it.”

"Tracks” erfüllt diesen prophetischen Auftrag in allerhöchstem Maße.

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The Lost Tapes

97. O.P. Lost Tapes LP

Die „Heavy Vinyl-LP“ von „The Lost Tapes“ (2 Stücke fehlen)

Aufnahmedaten:
"Live" im Privatstudio HGBS Villingen/Schwarzwald
10. Mai 1965 (Tracks 1 – 4)
12. November 1967 (Tracks 5 – 9)
30. Oktober 1968 (Tracks 10 – 12)

Interpreten:
Oscar Peterson (p), Ray Brown (b), Ed Thigpen (ds) auf Tracks 1-4
Oscar Peterson (p), Sam Jones (b), Bobby Durham (ds) auf Tracks 5-9
Oscar Peterson (p), Sam Jones (b), Bobby Durham (ds) auf Tracks 10-12

Tracks:
Gravy Waltz
Three O`Clock In The Morning
Squeaky`s Blues
Tenderly
I Will Wait For You
Let`s Fall In Love
Put On A Happy Face
Stella By Starlight
Moanin`
Never Say Yes
L`Impossible
My Romace

Anmerkung:
Die Titel "Three o`Clock In The Morning" und "Tenderly" fehlen auf der LP. Der Titel "L`Impossible" wird auf der CD fälschlich als "It`s impossible" geführt.

Zwanzig Jahre nach der Veröffentlichung des Zyklus "Exclusively For My Friends" also ein neues Album dieser Serie!

Obwohl ich bereits wusste, dass sich weiteres unveröffentlichtes Material im Besitz von HGBS befand, war die Herausgabe dieser CD (später gefolgt von einer gleichnamigen LP) doch eine wirkliche Überraschung für alle "Petersonians" weltweit.

Und die "Lost Tapes" sind nicht etwa (wie leider nur allzu oft!) "Überbleibsel" oder "Outtakes" irgend einer Session, nein, alle Stücke präsentieren uns Peterson auf höchstem Niveau. Das Album konkurriert durchaus mit "The Way I Really Play", dem besten Trio-Album der Serie, und das will etwas heißen.

Auf "Action" (Volume 1 der Serie) hören wir das vielleicht beste Trio, das Oscar Peterson jemals hatte, das Peterson-Brown-Thigpen Trio. Aus mancherlei Gründen aber erreicht das Trio auf diesem Album nicht seine übliche Form, "Tin Tin Deo" einmal ausgenommen.

Aber genau diese Form erreicht das Trio auf "The Lost Tapes" gleich zu Beginn mit Ray Browns Stück "Gravy Waltz", das fröhliche Kraft, geistvollen Witz und ein unbedingtes Zusammengehörigkeitsgefühl ausstrahlt, wie es kein anderes Trio je hatte.

Und dieser Zusammenhalt ist auch zu spüren in "Three O`Clock In The Morning", gleichzeitig eine Lehrstunde Ray Browns zu einer der Hauptaufgaben eines Bassisten, nämlich Takt und Tempo ("Time") zu halten. Und wie glänzend er das hier macht!

"Squeaky`s Blues" demonstriert ein weiteres Mal Oscar Petersons vollendete Klavierbeherrschung, und dies vor allem beim Höhepunkt, dem Boogie-Woogie-Teil. Aber zugleich zeigt sich auch immer wieder das unübertroffene Zusammenspiel dieses Trios.

Eine Zeit lang war "Tenderly" das Paradestück der überwältigenden Auftritte des Trios mit Barney Kessel und Ray Brown in der Carnegie Hall. Doch Oscar Peterson verlor nach und nach den Spaß an diesem Titel, nicht zuletzt auch wegen der nicht enden wollenden Zugaben-Aufforderungen. Hier nun spielt er eine vollständig andere und besonders schöne Interpretation, gleichzeitig ein Beweis seiner Entwicklung vom reinen Klaviervirtuosen hin zu einem Künstler, der uns so unendlich viel zu sagen hat.

Das Peterson-Jones-Durham Trio ist nicht weniger brillant, unterscheidet sich aber durchaus. "Put On A Happy Face" lädt ein zu einem interessanten Vergleich mit der Version von 1961 im "London House", Chicago. Auch dort ist natürlich all` die Kraft, das Selbstvertrauen und die Virtuosität Petersons zu hören, aber wie sehr wünschte ich mir aus klangtechnischer Sicht, niemand anderes als HGBS selbst hätte die "London House Sessions" aufgenommen.

Den Hit der Jazz Messengers "Moanin" gab es bereits vorher auf Platte, nämlich auf der letzten Einspielung des Peterson-Brown-Thigpen Trio im Jahre 1965 ("Eloquence"), doch die Darbietung dieses Stückes auf "The Lost Tapes" haut mich wirklich um. Hier nämlich wird der Titel schnell und virtuos gespielt und gereicht dadurch dem ursprünglichen Art Blakey-Hit mehr zur Ehre als die 1965 in Kopenhagen dargebotene Fassung.

In der Tat beinhalten die "Lost Tapes" kein einziges schwaches Stück und man kann eigentlich nur hoffen, dass noch mehr dieser Musik aus dem Schwarzwald ausgegraben und neu entdeckt werden wird.

Hier abschließend noch Fotos der CD "Lost Tapes", einmal als Europa- und und einmal als Japan-Pressung mit Obi.

107. O.P. E.f.m.f Lost tapes Obi Web

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Verfasser des Artikels: Arnold van Kampen, © 2011
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443. O.P. announcing 2

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über die Beziehungen
von Oscar Peterson und HGBS

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