Starke Statements
"Toleranz ist eine Haltung, mit der sich viele gern schmücken - die Reichen gegenüber den Armen, die Starken gegenüber den Schwachen, die Heteros gegenüber den Homos. Wer es sich leisten kann ist tolerant. Wenn aber "Ehrenmorde" als ganz normale Verbrechen gelten, wenn Terroristen zu "Widerstandskämpfern" deklariert werden und religiöse Fanatiker anderen mit Gewalt ihre Lebensart aufzwingen wollen, dann wird Toleranz zu einem gesellschaftlichen Selbstmord auf Raten.[...] Ich halte Toleranz in diesem Zusammenhang für keine Tugend, sondern für eine Schwäche - und Intoleranz für ein Gebot der Stunde"
Henryk M. Broder (aus "Kritik der reinen Toleranz", 2009)
Deutschland und die Digitalisierung
Deutschland ist von der gestrigen weltweiten IT-Panne nur ganz peripher tangiert worden.
Laut Analyse des Bundesamtes für moderne Kommunikationstechniken hätten alle Buschtrommeln, Rauchzeichen, Brieftauben und berittene Boten störungsfrei gearbeitet - und selbst Faxgeräte seien nur sehr vereinzelt betroffen gewesen. Zudem machten erste Auswertungen der verschiedenen Flaschenpost-Betreiber Mut.
Putin und Xi Ping sind daraufhin in einem vom CIA abgehörten Telefonat übereinstimmend zu der Auffassung gelangt, dass die BRD digital nicht angreifbar sei.
Franz von Seboca (im Juli 2024)
Erotik in der Deutschen Literatur
Wenn ich die deutsche Literatur der letzten zwanzig Jahre lese, die ist ja unerhört unerotisch. Da war zum Beispiel der große Thomas Bernhard - vollkommen unerotisch. Oder Grass: eigentlich immer unerotisch. Siegfried Lenz - immer. Martin Walser - beinahe immer. Wenn sich das deutsche Volk nach seinen Schriftstellern von heute richten würde, es würde sich überhaupt nicht mehr vermehren. Da sieht man, wie gering der Einfluss dieser Schriftsteller ist.
Marcel Reich-Ranicki (1991)
Vom Amt und seinen Beamten
Eine merkwürdige Art Mensch ist der Beamte eines magistratischen Bezirksamtes. Erledige ich eine Angelegenheit schriftlich, so lädt er mich vor. Gehe ich das andere Mal gleich selbst hin, so fordert er mich auf, eine Eingabe zu machen. Ich muss rein auf die Vermutung kommen, daß er das eine Mal mich kennen lernen und das andere Mal ein Autogramm von mir haben wollte.“
Karl Kraus
Zu Musik im Allgemeinen und zu moderner Musik im Speziellen
„Musik, das ist ja auch nicht nur die Schöpfung eines Menschen. Da ist
noch etwas anderes. Ein Komponist hat in sich die Kräfte und
Möglichkeiten, die man nicht erklären kann; aber auch er hat sie von
irgendwoher – von der ganzen Welt, vom Universum. Ich bin als Interpret
nur ein Sender, der die Musik weitergibt.
Die Tendenz, die mich an moderner Musik stört, ist schwer zu
beschreiben. Es liegt ein Mangel vor, ein Mangel an Ausgeglichenheit, an
Gleichgewicht zwischen dem menschlichen Geist auf der einen Seite und
dem Unendlichen, dem All auf der anderen Seite. Darum habe ich keine
Beziehung zur Moderne, obwohl es zweifellos einzelne sehr gute Stücke
gibt.“
Maria João Pires (portugiesische Pianistin)
Die natürliche Ordnung der Dinge
Alles, was es schon gibt, wenn du auf die Welt kommst, ist normal und üblich. Alles, was zwischen deinem 15. und 35. Lebensjahr erfunden wird, ist neu, aufregend und revolutionär. Alles, was nach deinem 35. Lebensjahr erfunden wird, richtet sich gegen die natürliche Ordnung der Dinge.
Douglas Adams
Vom Zweifel an ewigen Gesetzen
Ich glaube nicht, dass es sich bei der wirtschaftlichen Zielsetzung der Gegenwart gleichsam um ewige Gesetze handelt. Wir werden sogar mit Sicherheit dahin gelangen, dass zu Recht die Frage gestellt wird, ob es noch immer richtig und nützlich ist, mehr Güter, mehr materiellen Wohlstand zu erzeugen, oder ob es nicht sinnvoller ist, unter Verzichtleistung auf diesen "Fortschritt" mehr Freizeit, mehr Besinnung, mehr Muße und mehr Erholung zu gewinnen.
Ludwig Erhardt
Der Denker zur Meinungsfreiheit
„Mein Herr, ich teile Ihre Meinung überhaupt nicht, aber ich würde mein Leben dafür einsetzen, daß Sie sie hier frei äußern dürfen.“
nach Voltaire
Ideale sind wie Sterne
Ideals are like stars; you will not succeed in touching them with your hands. But like the seafaring man on the desert of waters, you choose them as your guides, and following them you will reach your destiny.
Carl Schurz
Die Lösung
Nach dem Aufstand des 17. Juni ließ der Sekretär des
Schriftstellerverbands in der Stalinallee Flugblätter verteilen, auf
denen zu lesen war, daß das Volk das Vertrauen der Regierung verscherzt
habe und es nur durch verdoppelte Arbeit zurückerobern könne.
Wäre es da nicht doch einfacher, die Regierung löste das Volk auf und
wählte ein anderes?
Berthold Brecht (aus den Buckower Elegien)
Menschenrecht auf Abitur
Bei uns [gemeint ist hier die Bundesrepublik Deutschland] wurde aus dem politischen Ziel des Aufstiegs der Begabten und des Wettbewerbs der Tüchtigen überspitzt formuliert eine Art Menschenrecht auf Abitur, legitime Ungleichheit wird undenkbar. Das halte ich für eine Fehlentwicklung - denn Bildung erzeugt immer Differenz.
Heinz-Elmar Tenorth (2021)
The self-fulfilling prophecy
Vor einigen Jahren haben Forscher der Universität von Masschusetts 52 Studien zur Wirkung finanzieller Anreize analysiert. Sie fanden "überwältigende Beweise", dass Boni die innere Motivation und den moralischen Kompass der Mitarbeiter abstumpfen können. Und als ob dieses Ergebnis nicht schon erschreckend genug wäre: Sie entdeckten zudem, dass Boni auch die Kreativität beeinträchtigen können. Mit äußeren Anreizen bekommt man nämlich hauptsächlich mehr vom Gleichen. Wer stundenweise bezahlt, bekommt mehr Stunden. Wer pro Publikation bezahlt, bekommt mehr Publikationen.Wer pro Operation bezahlt, bekommt mehr Operationen.
Nach J. C. Edwards et al, "The self-fulfilling prophecy"
Provokatives über Jazz
Was viele am Jazz mögen, ist die Atmosphäre, das Dunkle, Verrauchte, Verruchte; die klangliche Ästhetik hingegen, nun ja. Jazz wäre eine schöne Sache, wenn die Musik nicht wäre.
Ulrich Stock (2021)
Vom Füttern des Wolfes
Der weise Alte zu seinem Schüler: "In mir findet ein Kampf statt,
ein Kampf zwischen zwei Wölfen. Einer ist schlecht, böse, habgierig,
eifersüchtig, arrogant und feige. Der andere ist gut, ruhig, liebevoll,
bescheiden, großzügig, ehrlich und vertrauenswürdig. Diese Wölfe kämpfen
in jedem von uns, auch in Dir".
Der Junge denkt einen Moment nach und fragt dann: "Aber welcher Wolf
wird gewinnen?"
Der Alte lächelnd: "Nun der, den Du fütterst"
Parabel, verschiedene Quellenangaben
Irrtum, Fakten, Wahrheit, Gewissheit
Wenn Sie etwas studieren oder versuchen, eine Philosophie zu bewerten,
fragen Sie sich einfach nur, um welche Fakten es geht und welche
Wahrheit von diesen Fakten gestützt wird. Lassen Sie sich niemals von
dem beeinflussen, was Sie glauben möchten, oder von etwas, von dem Sie
annehmen, dass es nützliche soziale Auswirkungen hätte, wenn es geglaubt
würde. Betrachten Sie lediglich die Fakten.
Keine unserer Überzeugungen ist wirklich wahr, zumindest haben sie alle
den Anflug von Unbestimmtheit und Irrtum. Wenn Sie der Wahrheit so nahe
wie möglich kommen wollen, sollten Sie Gewissheit vermeiden.
Bertrand Russel, "The Will to Doubt"
Von durch Leidenschaft getriebenen Männern und kindlichen Beweggründen
Das ist das Los der menschlichen Dinge, dass sie von durch Leidenschaft getriebene Männern gelenkt werden und dass ursprüngliche kindliche Beweggründe zu den größten Umwälzungen führen können.
Friedrich der Große ("Geschichte des Hauses Brandenburg")
Verlängerung des Sterbens
Fast jeder Zehnte der Krebspatienten wurde in der letzten Woche, die er noch zu leben hatte, reanimiert. Die Intensivstation ist kein guter Ort für Menschen, deren Tage gezählt sind. Häufig verlängert eine Reanimation nicht ihr Leben - nur ihr Sterben.
Jan Schweitzer
Vom Lesen der Noten und der Interpretation
Daniel Barenboim hat zeitlebens gefordert, man müsse die Noten einer Komposition lesen und nicht etwa interpretieren. Der Begriff "Interpretation" suggeriere, man spiele ein Werk anders, als man es gelesen habe. Und das sei eigentlich arrogant:
"Wer bin ich, dass ich behaupten könnte, ich interpretiere Beethoven? Beethoven braucht keinen Übersetzer."
Daniel Barenboim
Kardinalfragen eines Corona-Konsenses - Am Scheideweg
Wen wollen wir schützen? Alle? Wenige?
Und vovor eigentlich schützen? Tod? Ruin?
Florian Gless
Vom Allgemeinwohl
Wer einem anderen Gutes tun will, muss es im Detail tun: Das Allgemeinwohl ist das Plädoyer des Schurken, Heuchlers und Schmeichlers.
William Blake
Krisen, Katastrophen, Bedrohungen
Corona bedroht den eigenen Vater oder die eigene Großmutter, die Klimakatastrophe den Enkel.
Richard David Precht
Alternativen lebendig verfügbar halten - vom politisch Unmöglichen zum politisch Unausweichlichen
Nur eine Krise – wirklich oder wahrgenommen – produziert echten Wandel. Wenn die Krise eintritt, dann hängen die Reaktionen darauf von den Ideen ab, die verfügbar sind. Das, glaube ich, ist unsere grundlegende Aufgabe: Alternativen zur bestehenden politischen Praxis zu entwickeln, um sie lebendig und verfügbar zu halten, bis das politisch Unmögliche das politisch Unausweichliche wird.
Milton Friedman
Butchery
Capitalism cannot imagine a future beyond itself that isn’t utter butchery. This is because late capitalism has always been a death cult.
Laurie Penny
Hilft Beten?
Wenn beten bedeutet, einen Gott anzurufen, an den ich nicht glaube, und ihn um Gefallen zu bitten, die ich kaum verdiene – wem hilft das? Aber wenn es heißt, einen Platz in meinem Geist zu finden, an dem ich mich davon überzeugen kann, dass alles gut wird, was da auch komme – dann kann ich mir nichts Wertvolleres vorstellen in diesen ängstlichen Stunden.
Bret Stephens
Zwischen den Fronten
"Wenn man wie ich die letzten fünfzehn Jahre lang von den Nazis als Schwein, von den Kommunisten als Trottel, von den Demokraten als geistig Prostituierter, von den Emigranten als Überläufer, von den Religiösen als pathologischer Nihilist öffentlich bezeichnet wird, ist man nicht so scharf darauf, wieder in die Öffentlichkeit einzudringen"
Gottfried Benn, 1949
Zur soziologischen Psychologie der Löcher
Das Loch ist der Grundpfeiler dieser Gesellschaftsordnung, und so ist sie auch. Die Arbeiter wohnen in einem finstern, stecken immer eins zurück, und wenn sie aufmucken, zeigt man ihnen, wo der Zimmermann es gelassen hat, sie werden hineingesteckt, und zum Schluss überblicken sie die Reihe dieser Löcher und pfeifen auf dem letzten.
Kurt Tucholsky
Die Einen haben den Schuss gar nicht gehört, die Anderen leiden noch unter dem Knalltrauma
Der Wähler hat die etablierten Parteien halbiert. Die aber zerreiben sich jetzt zusätzlich intern: Während einige den Schuss gar nicht gehört haben, leiden andere noch immer unter einem Knalltrauma. Schmerzlich vermisst aber werden jene, die den Veränderungen klug begegnen könnten.
Franz von Seboca
Wertschätzung der ästhetischen Bildung
Alle drei Jahre werden nahezu weltweit Jugendliche in einer repräsentativen Stichprobe auf ihre kognitive Leistungsfähigkeit getestet und verglichen. Heraus kommt jedes mal eine Rangliste der teilnehmenden Länder, die angeblich über die Qualität des jeweiligen nationalen Bildungssystems im Wettbewerb mit anderen Staaten Auskunft gibt.
Wir alle wissen: Es handelt sich dabei um die Bildungsleistungsvergleiche der Organisation für Wirtschaftlich Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), die unter dem Namen PISA firmieren. Die Wertschätzung für ästhetische Bildung kann man derzeit nirgends besser erkennen als genau hier: Die findet nämlich überhaupt nicht statt. Trotzdem wird das Abschneiden eines Landes in diesen höchst eingeschränkten Testserien mit der Leistungsfähigkeit des jeweiligen Bildungssystems gleichgesetzt.
Der Bildungsstand einer Nation lässt sich an solchen Tests gerade nicht ablesen. Wissen mag ein ökonomisch bedeutender Produktionsfaktor sein. Aber Wissen auf zwei oder drei Spezialgebieten ist nicht mit Bildung gleichzusetzen. Bedrohlich allerdings ist, dass die Öffentlichkeit just dies zu glauben scheint.
Kent Nagano
Alle Macht den Gesten
Die Große Koalition erfindet eine neue Politik. Symbole stehen nicht mehr für künftiges Handeln, sie sind bereits das ganze Handeln.
Nikolaus Blome, Spiegel 2/15
Patient als "Werkstück"
Zulasten einer empathischen Arzt-Patienten-Beziehung droht der Patient zum Wekstück in einem industriellen Prozess zu werden.
Prof. Dr. Arved Weimann
Den Krankenkassen ins Stammbuch geschrieben
Der messbare Teil ärztlicher Arbeit ist mitnichten ein Abbild der ärztlichen Leistung, er ist nur deren kleiner überhaupt messbarer Anteil.
Dr. med Franz von Seboca
Die Politik hat den Patienten zum Wirtschaftssubjekt gemacht
Mit Einführung der DRG und dadurch, dass die Politik den Ökonomen die gesamte Macht über die Medizin gegeben haben, ist der Mensch nicht mehr Patient, sondern Wirtschaftssubjekt. Und er wird auch wie ein Wirtschaftssubjekt behandelt. [...] Es werden wie in jedem Markt überflüssige Waren zum Höchstpreis angeboten. Das ist Marktwirtschaft.
Prof. Hans-Peter Bruch
Gibt es den "guten" Arzt überhaupt noch?
Auf die Frage, ob es den "guten" Arzt überhaupt noch gäbe antwortet der Medizinethiker Prof. Maio: "Ich meine ihn noch in den Herzen der Ärzte zu entdecken, aber nicht in den Strukturen, in denen Ärzte arbeiten müssen. Die interessieren sich nämlich nicht dafür, wie ein guter Arzt sein soll".
Professor Maio
Richtgrößenprüfungen zur Wirtschaftlichkeitsprüfung gehören abgeschafft
Ziel einer Wirtschaftlichkeitsprüfung ist nicht, den Arzt zu bestrafen, sondern ihn zu wirtschaftlichem Handeln zu bewegen. Aus diesem Grund sind teils existenzbedrohende Regresse auf Basis von Verordnungskosten meiner Ansicht nach der falsche Weg. Vor allem, weil aufgrund der aufgezeigten Verwerfungen eine korrekte, nachvollziehbare Quantifizierung eines "Schadens" praktisch unmöglich ist.
Kurzum: Richtgrößenprüfungen für Arznei- und Heilmittel gehören [...] abgeschafft. Sie entbehren inzwischen jeglicher Logik.
Dr. Wolfgang-Axel Dryden
Kirche als Feldlazarett
Ich sehe die Kirche wie ein Feldlazarett nach der Schlacht. [...] Der Beichtstuhl ist kein Folterinstrument, sondern der Ort der Barmherzigkeit. [..] Man muss die Wunden heilen. Dann können wir von allem anderen sprechen.
Papst Franziskus, Sept. 2013
Fehlende Empathie als Systemfolge?
Die Erkrankung vor sich zu stellen, sie und sich selbst von außen zu betrachten – dieser ganzheitliche Blick ist wichtig und hilfreich. Aber viele Mediziner sind zu so einem Blick, der nicht zuletzt ein Akt der Großzügigkeit ist, nicht in der Lage, sei es, weil sie ihn nicht erlernt haben, sei es, weil der Druck unseres Gesundheitssystems ihnen keine Chance läßt.
Wenn Sie also erkranken und bemerken, dass Sie als Mensch kaum noch vorkommen, nur noch fremdbestimmt sind, dann beschweren Sie sich. Nicht nur bei Ihrem Arzt, sondern auch beim Gesundheitsministerium!
Nicht die Krankheit ist dass Leiden, sondern der Kranke leidet, weil er nicht fähig ist, zu reagieren, weil er nicht die Möglichkeit hat, mitzumachen. Er ist dem System ausgeliefert, weil niemand in diesem System bereit ist, ernsthaft mit ihm zu sprechen.
Christoph Schlingensief
Fehlmessung durch PISA
Wie die Messung der Quoten in Fernsehsendungen, deren unheilvolle Auswirkung allgemein bekannt ist, führt auch das Messen von Schülerleistungen nicht zu einer Vielfalt, sondern es zielt mittelfristig auf eine Monokultur der MINT-Fächer hin.
Musische und gesellschaftswissenschaftliche Fächer werden dadurch ebenso marginalisiert wie Herzensbildung, Lebensklugheit, Selbstbewusstsein, Persönlichkeit, Selbstkritik usw. Humboldts Werte – sie bleiben bei PISA auf der Strecke.
Richard David Precht
Heilkunde oder Gesundheitswirtschaft?
Ich finde, dass wir uns in eine bestimmte Richtung bringen lassen und uns zum Beispiel an Begriffe wie "Gesundheitswirtschaft" gewöhnt haben. So empfinden wir uns aber eigentlich nicht. Wir sind Ärzte. Wir betreiben Heilkunde. Es ist eine große Frage, ob man damit in erster Linie Geld verdienen will oder ob es eine Leistung ist, die Ärzte für die Gesellschaft erbringen und für die sie vergütet werden müssen.
Priv.-Doz. Dr. med. Claudia Borelli
Moderne? Spätmoderne? Postmoderne?
Der Autor wurde bekannt mit seiner Studie "Beschleunigung" (Verlag Suhrkamp). Wie andere auch beschäftigt er sich mit der Frage: "In was für einem Zeitalter leben wir?" Das folgende Zitat ist einem Grundsatzartikel aus der "Zeit" vom 16.8.2012 entnommen. In diesem Artikel setzt sich Rosa mit Thesen des Soziologen Armin Nassehi auseinander.
"Und so resultiert das "Post-Lebensgefühl" aus dem Bewusstsein, dass das Wachstum weitergehen muß, obwohl es nicht nur ökologisch desaströs ist, sondern nicht einmal ökonomische Knappheit und soziale Exklusion zu überwinden vermag. [...].
Die Politik wird den Rechts- und Sozialstaat immer weiter reformieren, ohne die Qualität des Gemeinwesens zu verbessern, und die (bald auch biotechnischen und pharmazeutischen) Beschleunigungstechnologien werden neue Zeitsparmöglichkeiten eröffnen. Und doch glaubt niemand mehr, dass sich dadurch Stress und Zeitknappheit überwinden ließen.
Schlimmer noch: Wachstum, Beschleunigung und Innovationsverdichtung ereignen sich nicht von selbst, sie müssen von uns erbracht werden - doch je schneller sich die Welt schon dreht, je gewaltiger die Produktionsleistungen schon sind, umso schwieriger wird es, sie noch einmal zu steigern. Der psychische und ökologische Preis wird von Jahr zu Jahr höher. Wir müssen immer schneller laufen, um den Status quo zu erhalten".
Hartmut Rosa
Der Glaube ein Eskapismus?
"Ich glaube nicht an Gott. Religionen sind für mich eine ziemlich dumme Form des Eskapismus. Es gibt bessere: Essen, Wein, Sex, Baseball ..."
Woody Allen
Der Machtapparat - Facebook für Fundamentalisten
Das folgende Zitat ist einem Zeit-Artikel vom 16.8.2012 entnommen. Die Autoren untertiteln: "Wie Netzwerke die ewige Sehnsucht nach einfachen Wahrheiten befriedigen".
"Je dreister die Lüge, desto bereitwilliger wird sie geglaubt. Je schlichter die Botschaft, desto fanatischer wird sie bejubelt. So hat Massenbeeinflussung schon früher funktioniert, im Jahrhundert der Diktaturen, als die Heilsversprechen mithilfe neuer Propagandamaschinen in die Welt gepustet wurden. Dann brachen die totalitären Paradiese zusammen, doch damit war das totalitäre Denken nicht tot.
Jetzt zeigen Netzideologen, dass Demokratie nicht vor Fundamentalismus schützt, denn Freiheits-Tools wie Facebook eignen sich auch hervorragend als Verstärker für freiheitsfeindliche Ideen".
Evelyn Finger und Götz Hamann
Moralisch bankrott
Unter der Überschrift "Moralisch bankrott: Wie eine Generation von Bankern, die sich von ihrer Gier treiben lässt, alle Maßstäbe unserer Gesellschaft zerstört" führt der Autor zur sogenannten "Bankenkrise" aus:
"Was lernen die jungen Leute daraus, die sich eifrig studierend und vielleicht schon anpassend für eine Karriere rüsten? Sie lernen daraus, dass der Weg zu den Millionengehältern in den Vorstandsetagen nur über die charakterliche Deformation führt. Vor einigen Jahren gab es einmal den Slogan der deutschen Wirtschaft "Leistung muß sich wieder lohnen". Da dachte man an Fleiß, Intelligenz, Bildung, Kenntnisse. Heute wissen wir, daß die Leistung, die sich wirklich lohnt, in etwas ganz anderem besteht: in Rücksichtslosigkeit, Lüge, Frechheit und Betrug".
Jens Jessen
"Ist die Barmer GEK überhaupt noch eine richtige Krankenkasse?"
Unter der Überschrift "Ist die Barmer GEK überhaupt noch eine richtige Krankenkasse?" befasst sich der Autor im Leitartikel des "Hausarzt" 13/12 mit Initiativen der BEK GEK gegen Hausärzte nach Auslaufen des Hausarztvertrages und führt unter anderem aus:
"Seither zeigt sich die Kasse, die zwischenzeitig mit der Gmünder Ersatzkasse zur Barmer GEK fusionierte, nur noch wenig hausarzt- und patientenfreundlich. [...] Auch bei der Umsetzung der seit Juli geänderten Heilmittel-Richtlinien verhält sich die Barmer GEK eher wie eine Kasse für Gesunde".
Dr. Gerd W. Zimmermann
Apple, Facebook, Google, Amazon
"Die vier Konzerne definieren das Netz, überziehen es mit Weltanschauungen, Moralvorstellungen, Ideen von Gut und Böse. Sie haben eine digitale Welt geschaffen, die mehr an ein autoritäres Disneyland erinnert als an einen wilden Dschungel.
Jahr für Jahr bauen Google & Co. einen Flügel nach dem anderen an der Bibliothek der Welt an. Doch inzwischen erweisen sich die Erbauer zunehmend als moralisch verkniffene Bibliothekare, die ihre Regale vor jenen bewachen, die darin stöbern wollen".
Marcus Rohwetter
Rausschmeißer freuen sich zu früh
Der Autor beschäftigt sich mit der Frage des Verbleibes Griechenlands in der Eurozone und beleuchtet ein "Rausschmiß"-Szenario:
"Rausschmeißer freuen sich zu früh. Muss Griechenland nämlich die Gemeinschaftswährung verlassen, werden satte 82 Milliarden Euro fälig, für die die Bundesrepublik haftet oder die im Kapitalverkehr der Euro-Zentralbanken als uneinbringliche Forderung der Bundesbank gegenüber den hellenischen Kollegen wegfallen.
Mit diesem Betrag ließen sich die Kreditmarktschulden aller deutschen Kommunen auf einen Schlag zurückzahlen. Für jeden Griechen ist Deutschland 8000 Euro an Verpflichtungen eingegangen. Zum Vergleich: Unterm Strich hat der öffentliche Gesamthaushalt - also Bund, Länder, Kommunen und Sozialversicherungen - im vergangenen Jahr für jeden Bundesbürger nur 152 Euro Schulden aufgenommen".
Henning Krumrey
Wie viel Markt verträgt die Medizin?
Der Markt kann allenfalls dazu dienen, die Ressourcen bereitzustellen für das Arzt-Patient-Verhältnis. Wenn er Selbstzweck wird, wie das oftmals in medizinischen Institutionen erfolgt, ist das mit dem ärztlichen Ethos nicht mehr zu vereinbaren.
Prof. Wolfgang Sauermann
Medizin nach den Prinzipien der Fließbandproduktion
In den Kliniken ist die Arbeitsverdichtung enorm, die Stellenpläne wurden allerdings nicht in der Form ausgeweitet, wie es erforderlich gewesen wäre. Das wichtigste für die Arzt-Patienten-Beziehung ist aber, dass man genügend Zeit hat. Prinzipien der Fließbandproduktion werden dem Patienten nicht gerecht.
Dr. Ulrich Voshaar
Diffamierungskampagne der Krankenkassen
"Wir verurteilen die permanente, in den letzten Wochen in unerträglicher Weise eskalierende Diffamierungskampagne der Krankenkassen gegenüber der Ärzteschaft auf das Schärfste.
Der Versuch, durch Tricksen mit Zahlen, Verdrehen von Fakten und gezielter Desinformation der Bevölkerung die öffentliche Meinung zu manipulieren, wird als unseriös zurückgewiesen".
Vertreterversammlung der KVWL am 22.9.2012