Don Felder - Mein Leben mit den Eagles
ISBN 978-3-85445-295-9
1974 von der Band zur Optimierung ihres Gitarrensounds geholt und 2001
wegen persönlicher und finanzieller Streitigkeiten gefeuert – Don Felder
beschreibt diese Zeit mit den Eagles im Stil einer Autobiographie, und
zwar offensichtlich mit dem Ziel einer Katharsis.
Genau das dürfte ihm mit diesem Werk auch gelungen sein. Ist das Buch
doch einerseits zu verstehen als Dank an das Schicksal, das ihn zum
Mitglied einer der größten Rockbands machte, aber eben auch als eine Art
Abrechnung mit den Intrigen der beiden "Eagles-Götter" Don
Henley und Glenn Frey.
Das allein wäre vielleicht noch kein Stoff, der den nicht unmittelbar an
Rockgeschichte interessierten Leser fesseln würde. Was ist es aber dann,
das dieses Buch so absolut lesenswert macht?
Da ist z.B. die Beschreibung seiner Kindheit und Jugend, seines
Elternhauses, seiner ersten Versuche mit der Gitarre und seiner
Begegnungen mit anderen Blues- und Rockgrößen. Aus heutiger Sicht fast
unfassbar, in welcher Armut Don Felder aufwuchs – und das im aus
europäischer Sicht so reichen Amerika. Die Einzelheiten sind nahezu
verstörend. Und doch geht es vielen Menschen ja auch heute nicht besser,
oder sogar schlechter, vielleicht nicht in den USA, aber in vielen
anderen Regionen der Welt.
Dann erst, nach über 100 Seiten Schilderung der eigenen Herkunft,
Entwicklung und zahlreicher Begegnungen mit anderen Blues- und
Rockgrößen folgt die Beschreibung seiner Zeit mit den Eagles. Don Felder
war es, der mit seiner Gitarrenarbeit die Band von ihrer
Country-Lastigkeit befreite und mehr in Richtung Rock, Blues, ja Jazz
bewegte und selbst vor freien Improvisationen nicht zurückschreckte.
Die Band hatte mit "Eagles" und "Desperado" bereits 2
Alben veröffentlicht. Aber erst mit "On the Border", bei dem
bereits Don Felder mitmischte, kam der internationale Durchbruch. Die
Auskoppelung "The Best of my Love" erreichte sogar Platz 1 der
Charts. Das nächste Album "Hotel California" krönte Don Felder
mit der Komposition des gleichnamigen Welthits. Die Eagles wurden zu
Stars. Es folgte ein sich hervorragend verkaufendes "Best
of"-Album und das sich immer noch gut verkaufende 1979er Album
"The long run".
1980 löste sich die Band auf, oder pausierte, das ist eine
Auslegungssache. Jedenfalls war der immanente Streit zwischen den
Musikern unüberbrückbar geworden, auch gingen wohl die Ideen für neue
Songs aus.
Don Henley wurde gefragt, ob die Band eines Tages weiter machen würde
und antwortete mit dem berühmten Satz: "Ja klar, wenn die Hölle
zufriert".
Nun, wir wissen alle, sie Hölle fror tatsächlich zu. 1994 ging die Band
wieder ins Studio, es folgte das MTV-Unplugged-Konzert, die
Veröffentlichung des Albums "Hell freezes over" und eine
ausverkaufte 2 1/2 Jahre andauernde Welttournee. Die Band verdiente
phänomenal, aber Don Felder, Joe Walsh und Timothy Schmitt wurden bei
der Verteilung der Einnahmen benachteiligt. Als Don Felder durch seinen
Anwalt klären lassen wollte, wie es um die Finanzen der Band stand,
wurde er von Frey und Henley rausgeschmissen. Es folgte
Rechtsstreitigkeiten, die letztlich mit einem Vergleich endeten.
Don Felder berichtet Einzelheiten aus seiner 26jährigen Eagles-Zeit, die
vor allem den beiden "Göttern" Don Henley und Glen Frey
(zumindest heute) peinlich sein dürften. Welche Ausmaße, ja Exzesse das
Leben der Eagles mit Rock, Sex und Drugs angenommen hatte ist schier
unfassbar und dürfte auch Kennern der Band in dieser Form verbogen
geblieben sein. Nahezu beklemmend war zudem der Umgang der
Bandmitglieder untereinander. Das war kein Team, das waren Feinde. Aber
so wie die Band immer um musikalische Perfektion bemüht war, so war sie
es auch um ihre Abschottung gegenüber der Öffentlichkeit. Es ist nach
der Lektüre dieser Kapitel kaum fassbar, wie trotz dieser endlosen
Querelen und eines exzessiven Drogen- und Alkoholkonsums solch
wunderbare, das kalifornische Lebensgefühl perfekt beschreibende Songs
entstehen konnten.
Parallel zur Bandhistorie erzählt Don Felder seine private
Lebensgeschichte an der Seite seiner Frau Susan: Die ganz große Liebe, 4
gemeinsame Kinder, die langsame Entfremdung durch die tourbedingten
Abwesenheiten und Susans kompensatorische Eigenkarriere als
Goldschmiedin und Edelsteinexpertin, schließlich die Scheidung und eine
neue Partnerschaft mit Kathrin Nicholson.
Das Buch ist flüssig geschrieben, an einigen Stellen nahezu spannend wie
ein Abenteuerroman und es ist gut ins Deutsche übersetzt. Sicher zu
allererst eine Katharsis und damit vor allem für Don Felder selbst von
Bedeutung ist es aber zudem ein echtes "Aha-Erlebnis" für
Freunde der Rockmusik jener Zeit.
Es fällt mir immer noch schwer, zu begreifen, dass ich gerade nicht etwa
einen fiktiven Roman, sondern einen Tatsachenbericht gelesen habe.