VON DER UNTERWANDERUNG EINER DEMOKRATIE
Bin ich doch kürzlich im überfüllten, verspäteten und dann auch noch liegengebliebenen ICE Ohrenzeuge eines Gesprächs zweier im Gang stehender Fahrgäste geworden:
„Es ist ja nicht nur die Deutsche Bahn marode und die gesamte Infrastruktur verkommen; das Schlimmste steht uns erst bevor. Nach Einschätzung kluger Köpfe will Russland unser gesamtes demokratisches System samt freier Marktwirtschaft unterwandern, also von innen her zersetzen“.
„Unvorstellbar! Wie sollte so etwas denn gelingen?“
„Das ist kinderleicht. Der KGB lässt durch Agenten eine moskauhörige Partei gründen und unterstützt sie fortan, natürlich verdeckt“.
„Das würde den Geheimdiensten doch sicher auffallen“.
„Nicht den deutschen“.
„Aber wer von uns sollte denn diese Partei wählen!?"
„Nichts von Amerika gelernt? Alles nur eine Frage propagandistischer sogenannter alternativer Wahrheiten und zündelnder programmatischer Worthülsen. Damit lassen sich sogar Progrome auslösen. Die Bürger denken nicht mehr, sie lassen denken. Den unsozialen Rest erledigt "Social Media".
„Und welches Programm, welches Image würde Moskau solch einer Partei auf den Leib schneidern?“
„Nun, die Ukraine nicht mehr unterstützen, also an Russland abgeben. Die Nato hinterfragen. Gegen die Stationierung von amerikanischen Raketen opponieren. Pazifistische Parolen verbreiten. Eine von Russland ausgehende Gefahr negieren".
„Das würde denen doch keiner abnehmen!"
„Oh doch, vor allem im amerikakritischen Osten. Zumal die neue Partei auch innenpolitische Köder auswerfen würde: Also linkssozialer Auftritt, wahltaktisch mit leicht liberalem Anstrich versehen. Im Kern aber klassenkämpferisch Umverteilung propagieren, eine Reichensteuer sowie Vermögenssteuer fordern und Unternehmer an den Pranger stellen. Sich europakritisch geben, am besten gleich die gesamte EG (bis auf Ungarn) in Frage stellen".
„Gütiger Himmel! Und was ist mit dieser ja wirklich schlimmen Überfremdung?“
„Ein gefundenes Fressen für das neue Bündnis! Die bisherige Flüchtlingspolitik würde unter deutlichem Verweis auf die Schuldigen wählerwirksam abgelehnt und eine weitere Einwanderung vehement verbal bekämpft. Die entsprechenden Phrasen ließen sich ganz einfach von Trump übernehmen".
„Es ginge aber zunächst kaum ohne Koalitionspartner“?
„Genau, deshalb würde so eine neue Partei auch keine Brandmauer gegenüber der russlandfreundlichen AFD aufbauen, sondern bei Abstimmungen zunächst in Stadträten und Landtagen pragmatisch verbrämt mit ihr kooperieren. Das Ziel wäre natürlich, schleichend eine Mehrheit im Bund zwecks gemeinsamer Machtergreifung zu erlangen“.
„Furchtbar. Was für ein ausgeklügelter Plan! Wer aber sollte solch eine Partei denn anführen?“
„Wie bei Luxuslimousinen müsste medienwirksam ganz vorn auf dem Wagen eine zumindest äußerlich glamourös-charismatische Figur stehen, mit der sich mangels Alternativen frustrierte Wähler verschiedenster Schichten identifizieren könnten“.
„Natürlich ohne politisch-extremistische Vergangenheit? Ohne klar erkennbare Konturen eines bolschewistischen Knechts? Oder wie müssten nach Deiner Meinung Profil und Werdegang dieser Figur beschaffen sein?“
„Zumindest sollte, falls vorhanden, eine frühere kommunistische Stigmatisierung vergessen sein oder aber (besser noch) als sicher überwunden gelten“.
„Verstehe, nun aber Schluss damit, mir wird ganz schlecht bei dieser Fiktion. Horrorfilme waren noch nie mein Ding. Doch halt, Moment mal, mir kommt da gerade ein schrecklicher Gedanke: Haben wir denn nicht schon längst solch eine Partei?“