Elton John - Sleeping with the past

E. John Sleeping with the past

Elton John hat herausragende Alben veröffentlicht, aber "Sleeping with the Past” von 1989 scheint mir aus seinem Lebenswerk herauszuleuchten. Wir hören den gereiften Sänger und Pianisten ohne jede Effekthascherei, aber voller Seele in einem Bündel intensiv-harmonischer und expressiv-melodiöser Songs.
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Die Stimme hat sich nach einer Kehlkopf-OP zu einem warmen Bariton gewandelt, kann aber immer noch große Höhen erreichen.

Die Texte stammen (wie fast immer) von Bernie Taupin, dem Elton John auch dieses Album widmet.

Die Musik ist eine Verbeugung vor den Soulkünstlern der "past", genauer der 60er Jahre (Marvin Gay, Otis Redding, Sam Cooke). Urton E.J. und B.T.: "These songs were inspired by the soul pioneers of the sixties and seventies, whose music meant so much to us”. Textlich thematisiert hat Taupin das im Track "Club at the end of the street”.

Hier die Trackliste. Anspieltipps fett unterlegt:

  1. Durban Deep
  2. Healing Hands
  3. Whispers
  4. Club At The End Of The Street
  5. Sleeping With The Past
  6. Stones Throw From Hurtin'
  7. Sacrifice
  8. I Never Knew Her Name
  9. Amazes Me
  10. Blue Avenue

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Bonustracks auf der Neuausgabe von 1998:
11. Dancing in the End Zone
12. Love is a Cannibal

Der meistgelobte und erfolgreichste Song ist "Sacrifice”, mein Lieblingstitel allerdings ist "Blue avenue”. Aber es gibt keinen wirklich schwachen Track auf der CD. Die Musik kommt so fließend, so unaufgeregt, so würdevoll daher, jeder Titel passt sich nahtlos ein, die Produktion erscheint "wie aus einem Guss". Vielleicht nichts für die Disco, aber besser kann man eine Pop-Rock-Platte nicht machen.

Es scheint mir bezeichnend, dass viele exzellente Alben auch herausragende Cover haben. Das Portrait von Elton John sowie weitere Detailfotos im Booklet wurden von Herb Ritts, dem berühmten und so sensiblen amerikanischen Fotokünstler geschaffen. Elton John muß ihm ganz und gar vertraut haben, wenn er sich ohne Toupet ablichten ließ. Ein ausdruckstarkes, sehr ernstes, sehr ehrliches Foto! Die geschlossenen Augen mit dem Blick nach innen und zurück nehmen das "sleeping" aus dem Titel auf, Detailstudien im Booklet zeigen die Augen und Hände des Künstlers.

By the way: falls Sie auch fotografisch interessiert sind, schauen Sie einmal in einen Bildband des 2002 an Aids verstorbenen Herb Ritts, z.B. in "L.A. Style". Wahrscheinlich kennen Sie eines seiner berühmtesten Akt-Fotos mit dem Titel: "Stephanie, Cindy, Christy, Tatjana, Naomi" der fünf "Supermodels" Stephanie Seymour, Cindy Crawford, Christy Turlington, Tatjana Patitz und Naomi Campbell aus dem Jahr 1980. Besser geht`s nicht!

So sensibel, so würdevoll zurückgenommen hat kaum ein anderer Fotograf Menschen abgelichtet. Wenn Sie so wollen, ist Herb Ritts das gegenüberliegende Extrem zu einem auf knallige Effekte gepolten Helmut Newton.

Was soll man über Elton John noch sagen, den 1947 geborenen Rockpionier, den Erfinder so vieler "Ohrwürmer", den Toupet- und Brillenträger, den weltweit so überaus erfolgreichen Sänger und Pianisten, den Freund der Royals, den Sir, den Oskar- und Grammy-Gewinner, den Ehrendoktor, den Bekenner, den praktizierenden Pionier der Homoehe, den Fußballverrückten, den Kämpfer gegen Aids, den jetzt cleanen Junkie, den Verfasser von "Candle in the Wind", den Stifter und Wohltäter, das Mitglied der "Rock and Roll Hall of Fame", etc. etc. Nein, wir sagen hier lieber nichts zu solch trivialen Dingen, sondern empfehlen Ihnen lieber "Sleeping with the past".

Wenn Sie diese Scheibe gut finden, interessieren Sie sich vielleicht auch für weitere Alben. Nun, da gibt es reichlich Auswahl. Elton Johns Schaffen zerfällt in eine frühe und späte "Hochphase" mit einer dazwischen liegenden Periode weniger inspirierter Veröffentlichungen. Die nach unserer Meinung allerbesten Produktionen haben wir fett unterlegt.

Empfehlenswerte Alben der ersten Schaffensperiode:

  • Tumbleweed Connection (1971)
  • Madman Across the Water (1971)
  • Honky Château (1972)
  • Don’t Shoot Me I’m Only the Piano Player (1973)
  • Goodbye Yellow Brick Road (1973)
  • Captain Fantastic and the Brown Dirt Cowboy (1975)

Empfehlenswerte Alben der zweiten Schaffensperiode:

  • Reg Strikes Back (1988)
  • Sleeping with the Past (1989)
  • The One (1992)
  • Made in England (1995)
  • Songs from the West Coast (2001)
  • Peachtree Road (2004)
  • The Captain & the Kid (2006)