Counting Crows - August and Everything after

Counting Crows August

Es ist nicht gerade die Regel, dass gleich die erste CD einer Band auch ihre Beste ist. Bei den Counting Crows und ihrem 1993 im Wohnzimmer-Studio aufgenommenen Debutalbum "August and Everything after" aber verhält es sich genau so.
Doch Vorsicht! Wir sind in unserer Familie etwas voreingenommen, schließlich sind wir (jung und alt!) unbeugsame Anhänger dieser Band. Das Album käme jedenfalls mit auf die Insel, gehört es doch nach unserer unmaßgeblichen Meinung zu den besten Produktionen der 90er Jahre.
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Auch die Folgealben "Recovering The Satellites” (1996), "This Desert Life” (1999), "Hard Candy” (2002), "Saturday Nights & Sunday Mornings” (2008) sowie das Unplugged/Live-Doppelalbum "Across A Wire - Live From New York" (1998 für MTV und VH-1 aufgezeichnet) sind großartig. Die Krone aber gebührt dem von T-Bone Burnett produzierten "August and Everything after”.

Was nimmt uns nun so gefangen? Wahrscheinlich ist es dieser melancholische Touch, vermittelt durch die wunderschön-traurigen Melodien, die hingebungsvoll-klagende Stimme des Sängers Adam Duritz und die poetischen, zumeist elegischen Lyrics.

Lange haben wir gedacht, die 1991 gegründete Band wäre ein Geheimtipp und allein uns bekannt. Das mag auch anfangs so gewesen sein. "August and Everything after" war halt kein "Knaller", kein Chart-Stürmer, hat sich aber nach und nach gewaltig durchgesetzt und inzwischen mehrfachen Platinstatus erreicht. So ist das oft bei exzellenten Produktionen: sie entfachen kein Strohfeuer, sind aber gut für eine jahrelang wärmende Glut.

In Deutschland hat sich nicht zuletzt der WDR um den Bekanntheitsgrad der Band verdient gemacht mit der Ausstrahlung von Live-Studiokonzerten aus Köln, verbunden mit kleinen Interviews. Vielleicht kommen diese Produktionen eines Tages in den Handel?

Die Musiker von "August and Everything after": Adam Duritz (Gesang, Klavier), David Bryson (Gitarre), David Immerglück (Gitarre), Matt Malley (Bass), Steve Bowman (Schlagzeug), Charles Gillingham (Keyboards). Schlagzeuger und Bassist in der aktuellen Besetzung sind Jim Bogios und Millard Powers.

Der Song "A Murder Of One" erklärt übrigens ganz nebenbei in seinem Text den Namensursprung der Band: Ein Abzählreim, in dem "Krähen zählen" vorkommt. Haben Sie schon einmal Krähen gezählt, z.B. auf einem Feld oder einem Baum? Selbiges gilt allgemein als Inbegriff und Metapher einer absolut nutzlosen Beschäftigung. Aber vielleicht eben doch beruhigend, wie etwa "Wölkchen oder Schäfchen zählen"? Und tun wir "modernen" Menschen des 21. Jahrhunderts nicht viel zu selten Dinge, die nicht auf unmittelbar zählbaren Nutzen aus sind?

Sie fragen nach dem Musikstil? Schwer zu definieren, vielleicht "alternativer melodiöser Neo-Folk-Rock"? Merken Sie meine "Verrenkung"? Ein bisschen erinnert die Band an "Hootie and the Blowfish", ja sogar ein bisschen an "R.E.M." Und doch ist sie - allein durch die Stimme - eigenständig und völlig unverwechselbar. Insgesamt transportieren die Songs einen Haufen Emotionen. Seien Sie also vorsichtig, diese Emotionalität könnte ansteckend sein, vor allem, wenn Sie sich gerade einsam und verlassen fühlen.

Vielleicht ist es auch der für 1993 bereits ungewöhnliche analoge Aufnahmeprozesses, der diese Produktion so warm, so intim, so stimmig klingen lässt. Fragen Sie mal einen Schallplattenfan! Übrigens ist "August and Everything after" jetzt wirklich auch als 200-Gramm-Doppel-LP erhältlich.

Muß man die CD im August hören? Nein, durchaus nicht, aber der späte Spätsommer mit seinen abgeernteten Feldern und der beginnende Herbst mit seinen Erdfarben wären schon - etwa bei einer gedanklich-filmischen Umsetzung - eine sehr stimmige, mit der Musik harmonisierende Kulisse.

Sie fragen nach dem Inhalt der Texte? Adam Duritz hat das wohl alles selbst erlebt, was er uns da erzählt. Glaubhaft, dieser Storyteller – wie sonst vielleicht nur ein Bob Dylan oder ein Bruce Springsteen. Lesen Sie beispielsweise nachfolgend die deutsche Übersetzung eines der bekanntesten Songs "Mr. Jones":

Übersetzung des Songs "Mr. Jones"

Ich sitze hier in New Amsterdam und muß dauernd diese Blonde da angucken.
Mr. Jones baggert an der schwarzhaarigen Flamencotänzerin rum.
Sie tanzt, sein Vater spielt Gitarre.
Auf einmal ist sie schön.
Ich wär auch gern schön.
Wir wären alle gern schön.
Los Maria, tanz ! Tanz mehr von diesem spanischen Zeugs !
Tanz diese verdammte Stille weg, bis es Tag ist.
Mr. Jones, gib mir die Flasche.
Und glaube an mich.
Hilf mir, an irgendwas zu glauben.
Ich will glauben!

Mr. Jones und ich, wir erzählen uns Märchen.
"Sie guckt Dich an. Nein, doch eher mich".
Und er lächelt, lächelt in Neon und in Stereo.
Klar, wenn Dich jeder liebt, dann bist Du nie allein.

Ich male jetzt ein Selbstportrait, und zwar von mir.
In Blau, rot, schwarz, grau.
Alle diese Farben sind ziemlich bedeutungsvoll.
Grau mag ich am liebsten.
Ich habe mich gestern so symbolisch gefühlt.
Wenn ich Picasso kennen würde,
dann würde ich mir eine graue Gitarre kaufen und spielen.

Mr. Jones und ich gucken in die Zukunft, gucken die Frauen an.
"Jetzt hat sie Dich wieder angesehen.
Obwohl, glaub ich doch nicht, sie hat mich gesehen"
Ich hab mir jetzt die graue Gitarre geholt.
Wenn mich jeder liebt, dann bin ich nicht mehr allein.

Ich wäre gern ein Löwe.
Irgendwie will ja jeder was Katzenhaftes haben.
Wir wollen alle Stars sein, aber jeder aus einem anderen Grund.
Also glaubt gefälligst an mich, damit ich auch an was glauben kann.

Mr. Jones und ich latschen durch die Straßen,
wieder hinter den schönen Frauen her.
"Die, die ist genau richtig für Dich.
Irgendwo wird es ja auch irgendeine für mich geben".
Ich möchte Bob Dylan sein.
Mr. Jones und ich sitzen vor der Glotze.
Wenn ich vor der Glotze sitze,
dann möchte ich mich selber sehen, wie ich mich anglotze.

Wir wollen alle große Stars sein,
aber wir wissen nicht wie, und wir wissen auch nicht warum.
Aber Mr. Jones und ich, wir werden Stars sein.

Dieses im nostalgischen Song "Mr. Jones" beschriebene duale Gefühls-Spannungsfeld zwischen Verlustangst und hoffnungsvollem Glauben tritt übrigens auch beim Album "Saturday Nights & Sunday Mornings” wieder zu Tage, der Albumtitel deutet es ja bereits an. Solange unser Leben diese beiden Seiten widerspiegelt, scheint mir alles o.k..

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Die Tracks auf "August and everything after":

  1. Round Here
  2. Omaha
  3. Mr. Jones
  4. Perfect Blue Buildings
  5. Anna Begins
  6. Time And Time Again
  7. Rain King
  8. Sullivan Street
  9. Ghost Train
  10. Raining In Baltimore
  11. A Murder Of One

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Wie fast immer bei legendären Produktionen folgen Jahre später "Deluxe”-Editionen mit Demos, Outtakes und Alternativ-Tracks. So auch bei "August and Everything after", das jetzt als Doppel-CD erscheint mit zusätzlichen Studioaufnahmen und einem Livemitschnitt aus dem Pariser Elysée Montmartre vom 9. Dezember 1994. Die Studioaufnahmen wurden remastert, die Liveaufnahmen waren zuvor unveröffentlicht. Das Booklet enthält zahlreiche neue Fotos.

Meine Meinung: Man muß diese Deluxe-Edition nicht haben. Auch die bisherige CD klingt schon exzellent. Kommt es einem aber überhaupt nicht auf den Kaufpreis an, so macht man mit diesem "Luxusstück" auch keinen Fehler.

Zusätzliche Studiotitel der Deluxe Edition:

  • Shallow Days
  • Mean Jumper Blues
  • Love and Addiction
  • Omaha
  • Shallow Days
  • This Land Is Your Land

Live-Titel der Deluxe Edition:

  • Anna Begins
  • Omaha
  • Jumping Jesus
  • Margery Dreams of Horses
  • Perfect Blue Buildings
  • Round Here
  • Rain King
  • Time and Time Again
  • Ghost Train
  • Children in Bloom
  • A Murder of One
  • Sullivan Street
  • The Ghost in You

Live-DVD:

Dann gibt es noch die DVD aus der New Yorker Town Hall vom 18. September 2007. Die Band spielt an diesem Abend das komplette Album "August and Everything after”, also auch mit den Hits "Mr Jones", "Rain King" und "Round Here". Zudem ist eine DVD mit weiterem Bonusmaterial angekündigt, wie etwa Interviews mit Adam Duritz und Charlie Gillingham.