Sara K. zwischen Blues, Folk, Rock und Jazz

Sara K. Hell or high water

Sara K. live im Konzert ist Geschichte. Auch neue Studioaufnahmen wird es leider nicht mehr geben, die berühmte 4-saitige Gitarre ist verkauft. Die begnadete Künstlerin hat uns aber ein reiches und vor allem wunderbar inspirierendes musikalisches Vermächtnis hinterlassen.
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Die 6 großen Studio-Alben bei Chesky und Stockfisch

Die unserer Besprechung zu Grunde liegenden 6 Studioalben dieser Ausnahmekünstlerin legen wir immer wieder gern auf, dazu das neue 2007er Livealbum Don`t I know you from somewhere? (siehe unten) und die DVD von der Nautilus-Tour 2002. Die Alben Gypsy Alley, Tell Me I'm Not Dreamin' und No Cover (Diskografie siehe unten) sind uns dagegen (noch!) nicht bekannt. Allerdings bringt Sara K. auf ihrem neuesten Live-Album mehrere neu arrangierte Lieder von "Gypsy Alley".

Sara K. ist eine Singer-Songwriterin aus Santa Fe, New Mexico (USA). Mit bürgerlichem Namen heißt sie Sarah Katherine Woolridge (wie uns Rolf Becker mitgeteilt hat). Über das Geburtsdatum ist uns nichts Sicheres bekannt. Wir schätzen, dass Sara K. ca. 1960 geboren ist. Sie macht seit Mitte der 1970er Jahre Musik im Grenzbereich von Blues, Folk, Rock und Jazz. Seit der Verpflichtung bei Chesky Records Anfang der 1990er Jahre gelten ihre CDs als "audiophil". Die Zeitschrift "Audio" hat ihre Platten bereits mehrfach auf großen Ausstellungen und Messen als Medium zur Demonstration technisch-musikalischer Möglichkeiten von Edel-HiEnd-Ketten verwendet. Besonders und gerade in Deutschland hat sie eine eingeschworene Fangemeinde, wohl auch auf Grund mehrerer Tourneen, gilt aber weithin immer noch als "Geheimtipp".

Sara K. Closerthan they appear

Sara K. fängt Anfang der 1970er Jahre mit dem Gitarrenspiel an und benutzt dazu ein Instrument, das ihre Schwester im Elternhaus zurückgelassen hatte. Die Gitarre besaß nur noch 3 Bass-Saiten. Sara K. fügte eine weitere Saite hinzu und stimmte die Gitarre selbst individuell ab, Kenner sprechen von einem "A-Dur Open Tuning". Der besondere warme und tiefe Klang ihrer 4-saitigen akustischen Gitarre ist seitdem zu einem ihrer Markenzeichen geworden.

Die bekannte Story mit der von ihrer Schwester zurückgelassenen defekten Gitarre haben wir über Jahre für eine unbelegte Anekdote gehalten. Zu Unrecht, denn auf ihrer Live-Platte Don`t I know you from somewhere?, aufgenommen am 8.11.2007 in Leipzig erzählt Sara genau diese Geschichte. Auch die ungewöhnliche Anordnung der 4 Saiten findet ihre Erklärung in dem von der Schwester übernommenen Gitarrenfragment: die Schwester war nämlich Linkshänderin und hatte die Saiten "verkehrtherum" aufgezogen.

Sara K. Hobo

Sara K. ist anfänglich wie so viele andere Musiker in Bars und Clubs aufgetreten, teils auch als Backgroundsängerin von Country-Musikern. Ihre eigenen Lieder aber zeigen unverkennbar zunehmend den Einfluss der großen Joni Mitchel. Nach dem Umzug von Dallas in das Dorf Ruidoso in den Bergen New Mexicos gründet sie ihre Band "Sara K. and the Boys Without Sleep". In den Jahren von 1978 bis 1983 tourt sie von New Mexico bis nach Los Angeles, zum Teil auch gemeinsam mit Country-Musiker Gary Nunn.

Dann ist die Zeit reif, die Solokarriere zu beginnen. Sie zieht nach Santa Fe (New Mexico), tut sich mit ein paar Musikern zusammen und bringt schließlich 1989 ihr Debütalbum Gypsy Alley bei dem (inzwischen aufgelösten) Label Mesa/Bluemoon heraus. Das Album wurde von der New Mexico Music Industry Coalition mit dem "Best Album Award" ausgezeichnet. Viele der Songs darauf beschäftigen sich mit ihrem fast 15 Jahre langen ruhelosen und nomadenhaften Leben und sind daher absolut authentisch. Dieser Lebensabschnitt hat dann paradoxerweise in eben dieser Gypsy Alley (=Zigeunerstraße) in Santa Fe sein Ende gefunden, denn dort mietet sie eine feste Bleibe.

Sara K. Play on words

Einer der Musiker, mit denen sie Gypsy Alley eingespielt hat, ist der Gitarrist Bruce Dunlap. Er stand damals bei Chesky Records aus New York unter Vertrag. Diese Plattenfirma ist dafür bekannt, hauptsächlich audiophile Aufnahmen zu produzieren. Dunlap verhilft ihr zu einem Vertrag bei Chesky, den sie mehr als zehn Jahre (bis 2001) erfüllt. Der Wechsel zu Chesky bedingt den Umzug aus der eher beschaulichen Kleinstadt Santa Fe in das hektische New York und die Einarbeitung in digitale Tontechniken.

Bei Chesky Records bringt Sara K. sechs von der Kritik hochgelobte Alben heraus: Closer Than They Appear, Play On Words, Tell Me I'm Not Dreamin', Hobo, What Matters und das Live-Album No Cover. Chesky Records hat schließlich auch noch ein Best of-Album namens The Chesky Collection zusammengestellt.

Sara K. Waterfalls

Sara K. lernt auf ihrer letzten von Chesky betreuten Deutschland-Tournee Günter Pauler, den Besitzer der Plattenfirma "Stockfisch Records" kennen, der als Sound-Spezialist zu Hilfe gerufen worden war. Bei dieser Gelegenheit lädt Pauler sie zu einer Besichtigung seines Studios ein und bietet ihr dabei direkt einen Plattenvertrag an. Auch "Stockfisch Records" geht der Ruf voraus, audiophile Aufnahmen zu produzieren.

Des Weiteren stellte Pauler in Aussicht, Aufnahmen zusammen mit dem Ausnahmegitarristen Chris Jones machen zu können. Jones' filigranes Spiel und der erfrischend einfache Plattenvertrag (passte auf eine Seite!), der trotzdem fairer und lukrativer war als der bisherige, gaben schließlich den Ausschlag für die seitdem harmonisch funktionierende Zusammenarbeit mit Stockfisch Records. Hatte Sara K. doch schon länger das Gefühl, dass sie von Plattenfirmen und Tourneeveranstaltern über den Tisch gezogen worden war. So hatte sie kaum etwas verdient, obwohl sich ihre Platten vergleichsweise gut verkauften.

Sara K.- What matters

Die Zusammenarbeit mit Chris Jones war kongenial, und zwar sowohl im Studio als auch live im Konzert. Ihrem ersten Album bei Stockfisch, Water Falls (2001) folgt 2002 die sehr erfolgreiche "Nautilus-Tournee", die wiederum das Material für eine Live-DVD Nautilus Tour und ein Live-Album Live in Concert (beide 2003) abgibt. Das Live-Album gewinnt bei der Audio/Stereoplay-Wahl den "Hifi Music Award 2003" für audiophile CDs.

Die Namensgebung der sogenannten Nautilus-Tournee erklärt sich aus folgender Besonderheit: die Beschallung der Konzertsäle erfolgt ausschließlich mit Edel-HiEnd-Lautsprechern namens "Nautilus" der Firma B&W, die für Wohnräume konzipiert worden sind. Der technische Aufwand war also gewissermaßen "überschaubar". Dieser Minimalismus - Musik pur im wahrsten Sinne des Wortes - hat noch einen anderen Effekt: Er zwingt geradezu zum Zuhören. Keine Musik für den Hintergrund! Entweder man widmet sich ihr - oder man lässt es besser ganz bleiben!

Sara K. live auf der "ungewöhnlichen" Nautilus-Tour 2002

Sara-K.-Foto_Web

Foto Dr. Puschmann, Lübke-Museum Hamm 21.5.2002, Nautilus-Tour

Wir konnten am 21.5.2002 Sara K. anlässlich dieser Tour im G. Lübke-Museum in Hamm hören und haben dabei auch aus der "ersten Reihe" das voranstehende Foto aufgenommen. In der Pause sprach uns dann die Künstlerin auf unsere Kameraausrüstung an und scherzte, dass sie meist mit offenem Mund fotografiert würde. Auch wir haben uns dann schließlich aus einer ganzen Reihe von Aufnahmen für solch ein Bild entschieden, zeigt es doch die enorme Emotionalität der Sängerin. Begleitet wurde Sara K. auf der Nautilus-Tour von Chris Jones. Als wir bald darauf von dessen Tod hörten, waren wir tief erschüttert.

Im Jahre 2006 wird ihr drittes Album bei Stockfisch veröffentlicht: Hell or High Water. Das Album beinhaltet zehn neue Songs, wieder meisterhaft von Chris Jones auf der Gitarre und Dobro begleitet. Tragischerweise stirbt Jones kurz nach den Aufnahmen und noch vor der Veröffentlichung an einer unheilbaren Krankheit.

Vier Jahre nach der Nautilus-Tour kommt Sara K. im November und Dezember 2007 wieder auf eine Deutschland-Tournee, die "Made in the Shade-Tour". Im Rahmen dieser Konzertreihe wird am 8.11.2007 beim MDR in Leipzig das Live-Album Don`t I know you from somewhere? eingespielt, natürlich wieder betreut von Günter Pauler von Stockfisch Records. Die CD enthält zu einem großen Teil neue Versionen von Songs ihres Gypsy Alley-Albums.

Preise und Auszeichnungen:

  • New Mexico Music Industry Coalition: "Best Album Award" 1989 für "Gypsy Alley".
  • Audio: "Goldenes Audio-Ohr" 1994 für das Album "Play On Words".
  • Bundesverband der Phonographischen Wirtschaft: "Jazz Award" 1996, 1998 und 2002 für die Alben Tell Me I'm Not Dreamin', Hobo und Water Falls.
  • Audio/stereoplay: "Hifi Music Award" 2003 ("Bestes audiophiles Album") für "Live in Concert".
  • "Just Plain Folks 2004 Music Award" (Best Blues Song) für "Turned My Upside Down" (Liveversion mit Chris Jones).

Diskographie:

  • Gypsy Alley (CD, Mesa/Bluemoon, 1989)
  • Closer Than They Appear (CD, Chesky, 1990)
  • Play On Words (CD, Chesky, 1993)
  • Tell Me I'm Not Dreamin' (CD, Chesky, 1995)
  • Hobo (CD, Chesky, 1997)
  • No Cover (CD & DVD, Chesky, 1999)
  • What Matters (CD, Chesky, 2001)
  • Water Falls (CD, Stockfisch, 2002)
  • Nautilus Tour (DVD, Stockfisch/in-akustik, 2003)
  • The Chesky Collection (CD, Chesky, 2003)
  • Live in Concert (CD, Stockfisch, 2003)
  • Hell or High Water (CD, Stockfisch, 2006)
  • Don`t I Know you from somewhere? (CD, Stockfisch, 2008)

Unsere Lieblings-Alben sind What Matters, Water Falls und Hell or High Water. Unser Lieblings-Song (mit Didgeridoo und Flöte!) ist Hell or High Water vom gleichnamigen Album und Horse I used to ride vom Album Play on Words. Aber diese Wahl ist natürlich rein subjektiv.

Vielleicht haben wir Ihr Interesse für Sara K. geweckt? Diese Ausnahmekünstlerin gehört nicht in eine Schublade oder irgendeine von wem auch immer definierte Klasse, sie ist eine Klasse für sich. Wenn überhaupt, dann könnte man in einem Atemzug neben ihr noch Joni Mitchell nennen. Denn wie die kann auch Sara K. über mehrere Oktaven singen, hat eine ganz eigene Phrasierung und ist dem Jazz näher als dem Pop. Auch in der perkussiven Art des Gitarrenspiels und in der Vorliebe für tiefe Töne sind sich die beiden Künstlerinnen sehr ähnlich. Es gibt sie also doch noch: Die Kontrapunkte zum multimedialen Einheitsbrei. Künstler, die ihre Musik authentisch, lebendig, akustisch und ohne technische Mätzchen live vortragen. Sara K. verfügt darüber hinaus über die seltene Gabe, mit ihrer intensiven Ausstrahlung emotional zu berühren.

Sara K. MDR_Web

Folk, Jazz, Blues, Rock, Scat-Gesang und vielleicht ein Hauch Avantgarde: Sara K. überschreitet musikalische Grenzen. Heraus kommt jedoch keine Schnittmenge verschiedener Stile und Genres, keine Melange, sondern eine aufregende und ungewöhnliche musikalische Stilrichtung eigener Prägung, die man so bei niemandem sonst finden kann. Mit ihrer warmen musikalischen Stimmigkeit und ausdrucksvollen Klarheit und Brillanz hat sich Sara K. gerade in Deutschland eine feste Fangemeinde geschaffen. Und ganz nebenbei hat ihr das Streben nach klanglicher Natürlichkeit und technischer Perfektion auch einen festen Platz in den Ohren und Herzen der audiophilen HiFi-Gourmets gesichert. Gehören Sie demnächst vielleicht auch zu den Sara K.-Fans?

Sara K. Don`t I know you

Dies ist die zuletzt erschienene Live-CD; als Anspieltipp empfehlen wir den Titelsong.

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