Rusconi: It`s a sonic life
Rusconi, ein Schweizer Trio in der klassischen Jazz-Besetzung mit Piano
(Stefan Rusconi), Bass (Fabian Gisler) und Drums bzw Perkussion
(Claudio Strüby) legt 2010 mit "Its a sonic life" sein 4. Album
vor. Bei aller Kontinuität klingt es irgendwie anders als die Vorgänger.
Das mag am Ausgangmaterial liegen. Ist das Werk doch ein
"Cover".
überspringen
Und zwar ein Cover von Stücken der New Yorker Avantgarde-Rockband
"Sonic Youth". Stefan Rusconi hatte sich schon länger von dieser
Formation inspirieren lassen und einzelne Titel (z.B. "Sunday")
bei Liveauftritten gespielt (z.B. 2009 in unserem Nachbarort
Lüdinghausen in "der Burg"). Jetzt also eine ganze CD voller
Grunge-Covers, wobei allerdings 3 der 14 Titel von Rusconi selbst
stammen, aber im Stil seiner Vorbilder komponiert wurden.
Stefan Rusconi aus Zürich ist auch der Komponist der 3 Vorgängeralben
und überhaupt der "Kopf" der Gruppe. Er hat das Trio 2001
gegründet. Stefan Rusconi ist – genau wie seine beiden Mitstreiter – ein
studierter Musiker. Hier beschreibt er die Herangehensweise an das Sonic
Youth-Projekt:
"Claudio und Fabian kennen zwar die Band [Sonic Youth], sind aber
nicht wirklich mit den Stücken vertraut. Ich suchte mir Songs aus, zu
denen ich einen starken emotionalen Bezug hatte, brannte eine CD, die
ich den beiden geben konnte, schrieb aber gleichzeitig skizzenartig
Harmonien, Grooves, Basslinien oder dergleichen auf. Daraus entstand
etwas sehr Natürliches. Im Probenprozess konzentrierten wir uns ganz auf
uns selbst und hatten bald das Gefühl, Stücke zu spielen, die ich eigens
für die Band geschrieben hätte".
Sonic Youth, selbst beeinflusst von den Stooges und Velvet Underground,
gilt als stilprägend für eine ganze Reihe bekannter Indierock-Bands,
darunter auch Nirvana. Rusconi covert die Titel natürlich nicht 1:1,
sondern bedient sich einzelner Elemente oder gar nur einzelner
Fragmente, die dann in bester Jazz-Manier variiert, improvisierend
weiterentwickelt, quasi "durchgeführt" werden und kaum noch an
die Originale erinnern. Teilweise wurde den Vorbildern lediglich
"die Stimmung, die Farben und der Groove" [Stefan
Rusconi] entlehnt, letztlich sind dabei ganz eigene, ganz neue Stücke
herausgekommen.
Die Tempi der Vorlagen wurden durchweg angezogen, um die einem Jazz-Trio
nicht zu eigene Power einer Rockband auszugleichen. Denn Rusconi bedient
sich keinerlei elektronischen Zubehörs, ist also eine rein akustische
Formation, sozusagen unplugged, wie man heute neudeutsch sagt.
Ein energiegeladenes, vorwärtstreibendes, druckvolles, spannendes Album,
dabei bemerkenswert melodisch-erfindungsreich und eingängig. Denn
Rusconi bringt nicht etwa nur verjazzte Sonic Youth-Coverversionen
sondern ganz eigenwillige Neuinterpretationen. Bass und Schlagzeug
halten die Band repetitiv rhythmisch zusammen, das Piano dagegen
harmonisch und melodisch. Stefan Rusconi entlockt seinem Instrument
teilweise (vgl. Skip Tracer, Hits of Sunshine) Töne, die gitarrenähnlich
sind, er scheint also die Klavierseiten zu zupfen und zu
"sliden". Irgendwie sparsam, das Arrangement, und doch fehlt mir
nichts.
Meine Anspieltipps wären folgende Nummern, die die gesamte
Bandbreite der Tracks gut repräsentieren:
01: Sunday
03. Schizophrenia
08. Skip Tracer
09: Into The Heart
12. Unmade Bed
13. Unwind
Wenn Ihnen "It`s A Sonic Life" gefällt, werden Sie auch die 3
Vorgängeralben lieben:
- Rusconi Trio Scenes & Sceneries, (Brambus Records, 2004)
- Rusconi Stop & Go, (Unit Records/Sony, 2006)
- Rusconi One Up Down Left Right, (Sony Music Germany 2009)
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