David Munyon – Planetary (als Doppel-LP)

Planetary, David Munyon

Der begnadete kalifornische Singer/Songwriter holt also doch noch einmal aus zu einem ganz großen Wurf. Gereifte Folk-Musik vom Allerfeinsten! Die teils eingängigen, teils raffinierten Melodien und Harmonien nehmen den Zuhörer sofort gefangen und setzen sich unauslöschbar im Kopf fest.

Rezension überspringen

Bei 6 der 15 für "Planetary" produzierten Titel spielt Biber Hermann einfühlsam die zweite Gitarre, natürlich wie auch David ein akustisches Modell. Die beiden kennen sich gut, schätzen einander und haben auch bereits gemeinsam getourt.

Nun aber hat Munyon ja wie immer viel zu sagen, und natürlich sind nicht zuletzt deshalb alle Texte auf dem Cover der exzellent gestalteten 180 Gramm-Doppel-LP abgedruckt. Mit kraftvoll-zupackender Stimme lässt uns David in sein Innerstes schauen. Und dort stoßen wir auf manchen Zweifel, der sich in einem langen Leben bei der Betrachtung desselben eingestellt hat.

Gleich im Opener "On through the years" heiß es "I was lost and misguided", "I set the the sail as best I could" und "I don`t know if I`m a charlatan or a poet or a fool". Es gibt sie also doch noch, die Amerikaner, die sich und die Welt hinterfragen und die sich nicht blind von den sogenannten "sozialen Medien" steuern lassen oder (andersherum) gar ihre Wähler und Kunden damit manipulieren, sollten sie eigene entsprechende Machtmittel besitzen.

Und so zieht sich eine leicht wehmütige Retrospektive durch viele der Songs, aber immer verbunden mit dem Traum, dass Freiheit, Herz, Seele und Liebe einst über Krieg und Vertreibung und auch über den schnöden Mammon sowie andere Belanglosigkeiten siegen mögen. Selbst, wenn diese Zielsetzung wohl einem "Slow night train to freedom" gleichen mag, so der Titel eines meiner Lieblingsstücke.

Ich möchte in diesem Zusammenhang aber zwei andere Songs als Anspieltipps nennen: "Ho Chi Minh City", trotz aller subtil beschriebener Vietnamkriegs-Widernisse ein berührendes Liebeslied, und "Inside the wind" als Traum von der großen, ungezügelten Freiheit. Wer ähnlich fühlt, der kann beim Zuhören schon mal feuchte Augen bekommen.

Woher nur nimmt dieser altgediente Barde noch immer die Kraft, solche Songs zu schreiben und zu singen? Ich weiß es, doch werde ich die Suche nach des Rätsels Lösung dem geneigten Hörer selbst überlassen. Ich kann nur hoffen, dass einjeder von uns über solche, ähnliche oder aber auch ganz andere Kraftquellen verfügen möge.

Sebastian Linke, Davids Intimus und Produzent hatte ein Luxusproblem: die 15 Originalsongs von "Planetary" hätten nicht alle auf eine einzige Vinylscheibe gepasst. Also hat er sich für eine Doppel-LP entschieden, der er zudem noch 4 bekannte Stücke aus Davids unerschöpflichem Live-Songbook beigegeben hat. Gut, eingefleischte Munyon-Fans haben diese 4 Titel, aber vielleicht eben doch noch nicht auf einer audiophilen LP.

Die beiden 180-Gramm Scheiben sind tadellos sauber gepresst. Ich besitze auch die klangtechnisch sehr gute CD als portables Medium. Aber zu Hause auf der Anlage ziehe ich die LPs wegen ihres wärmeren, akustischeren Klangs vor.

"Planetary" rotiert nun schon 2 Wochen auf dem Plattenteller, ohne dass die Songs an Kraft verloren hätten. Ganz im Gegenteil stellen sich bei den mich nicht loslassenden Textinterpretationen immer neue Bilder ein. Kein Wunder, ist David Munyon doch viel zu differenziert, als dass er belangloses Zeugs von sich geben könnte. Ich spinne seine Gedanken kontinuierlich weiter und verwebe sie mit meinen eigenen Erinnerungen. "Planetary" inspiriert mich und macht mich glücklich.