Mary Gauthier - Geheimtip der Singer/Songwriterszene
Dies ist das 5. Album der Songwriterin aus Louisiana, veröffentlicht bei
"Lost Highway" (UMG). Schon das vorherige Werk mit dem Titel
"Mercy now" hatte Mary Gauthier viele neue Anhänger beschert.
"Between Daylight and Dark" könnte der Künstlerin jetzt
endgültig zum Durchbruch verhelfen.
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Mary Gauthier - Between Daylight and Dark
Die 10 Songs sind folk-, country- und bluesinspiriert. Die Texte
verarbeiten Autobiografisches, nehmen sozialkritische Themen auf und
natürlich fehlen auch Liebeslieder nicht. Mary Gauthiers Stimme genügt
sicher nicht den Vorstellungen eines Opernfreundes, aber sie ist
ungekünstelt, ehrlich und ausdrucksvoll, oft rau, dann wieder flüsternd
oder lasziv, manchmal auch glockenhell. Die Instrumente der wenigen
musikalischen Mitstreiter sind glasklar kammermusikalisch durchhörbar,
die Aufnahme erreicht damit audiophilen Standard.
Die Tempi sind durchweg zurückgenommen, ruhig und getragen, passen damit
also gut - aber nicht nur - in die "blaue Stunde" zwischen
"Daylight and Dark". Einen einzelnen Song besonders
herauszuheben, fällt schwer, es gibt auf dem Album ganz einfach keinen
schwachen Titel. Trotzdem hier 3 Anspieltips: "Can`t find the
way" mit der Pianobegleitung von Van Dyke Parks, "Last oft he
Hobo Kings" mit dem wunderbar surrealistischen Text und das
bluesig-erschütternde "Snakebit", aus dem die folgenden Zeilen
stammen:
The children are crying, they never got their supper
Where would you run to in the darkness of the night?
Even shadows fear to wander
They gather `round me in the candlelight.
Your crucifix is broken, bloody, sharp and shattered
I smashed it to pieces on the bedroom floor
Pain and prayers and promises scattered
Then I pulled the pistol from the dresser drawer.
Oh Lord, oh Lord
Oh Lord, what have I done?
Everything worth holding slips through my fingers
Now my hands wrapped around the handle of a gun.
Sollten Sie Mary Gauthier noch nicht kennen, steht Ihnen mit diesem
Album vielleicht eine Entdeckung der besonderen Art bevor.
Für weitere Informationen empfiehlt sich die Homepage von Mary Gauthier
Anmerkung zum Begriff "Hobo"
Nachdem es auch von Sara K. ein wunderbares Album mit dem Titel
"Hobo" gibt, haben wir einmal etwas recherchiert: Hobos - das
sind die verwegenen Tramps und Landstreicher, die auf der Suche nach
Arbeit illegal in Frachtzügen das Riesenland Amerika durchqueren.
Literarisch wurde ihnen in den Romanklassikern Jack Londons oder den
Liedern Woody Guthries gehuldigt. Darin wird beschrieben, wie gefährlich
und entnervend diese Art des Reisens ist: die Übergriffe der
Bahnpolizisten, die Härte des Wetters, die Aggressionen zwischen den oft
zerschundenen und ausgemergelten Landstreichern.
In der Zeit der Wirtschaftsdepression, also in den 30ern, war ihre
Blütezeit. Dann gab es sie für Jahrzehnte nicht mehr; seit es mit der
amerikanischen Wirtschaft nicht mehr so rosig aussieht, sind sie wieder
da. Die Hobos des 21. Jahrhunderts werden von Abenteuerlust, Flucht aus
kleinbürgerlichen Existenzen oder der Angst vor den Anforderungen einer
Ellenbogengesellschaft getrieben. Manche abenteuerlustigen Teenager
verlassen ihr Elternhaus und werden für eine gewisse Zeit zum
Eisenbahn-Tramp. Genaue Zahlen gibt es nicht. Schätzungen besagen, dass
zwischen 500 und 1000 Menschen heute als Hobos leben. Früher waren es
zweifelsohne mehr mittellose Tagelöhner, die sich im Güterzug von Job zu
Job transportieren ließen. Das Leben auf den Schienen ist nicht ohne
Regeln: Hobos dürfen nicht stehlen, nehmen keine illegalen Drogen und
belästigen keine Mitbürger - so ihr Ehrenkodex.
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zur nächsten Besprechung
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