Dave Brubeck - The Essential

Dave brubeck - Essential

Diese kundige und liebevolle Zusammenstellung beinhaltet Aufnahmen aus den Jahren 1949 bis 2002. Die Klangqualität der 31 Stücke ist durchwegs exzellent. 10 Titel sind "live" aufgenommen. Es gibt auch einige Vokalnummern: Zum "Travelin` Blues" singt Carmen McRae, zum "Summer Song" Louis Armstrong, hinreißend!
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Es sind auch Aufnahmen vor Gründung und nach Auflösung des berühmten "Dave Brubeck Quartet" enthalten, letzteres bildet aber den Schwerpunkt. Selbstverständlich fehlt auch "Take Five" nicht.

Die Doppel-CD richtet sich nicht an den seit Jahren "eingefleischten" Brubeck-Fan und schon gar nicht an "Jazz-Spezialisten", sondern an Musikliebhaber, die sich erstmals neugierig mit diesem Ausnahme-Jazzer auseinandersetzen wollen. Ob man nun von der Klassik oder mehr vom Rock/Blues kommt, man wird sich bei Brubeck schnell zurechtfinden und erwärmt wohlfühlen. Und das, obwohl Dave Brubeck zu den Vertretern des "Cool-Jazz" gerechnet wird. Diese "Schublade" resultiert möglicherweise daraus, dass man sowohl Brubeck, als auch seinen langjährigen Partner Paul Desmond (Altsaxophon) zu den klassisch vorgebildeten und "intellektuellen" Jazzern rechnen muß.

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Und nun für den geneigten Jazz-Freund einige Notizen zur Vita von Dave Brubeck:

Dave Brubeck wurde als David Warren Brubeck am 6.12.1920 in Concord, Kalifornien geboren. Daves Vater war Viehzüchter, seine Mutter hatte in England Klavier studiert. Sie unterrichtete auch nebenbei Klavier, und natürlich auch ihren Sohn, der zusätzlich Cello lernte. Brubeck war nicht besonders daran interessiert, nach einer bestimmten Methode zu lernen, sondern wollte eher seine eigenen Melodien schaffen - dadurch lernte er nie, vom Blatt zu spielen. Folgende Anekdote wird kolportiert: Als einer seiner Professoren entdeckte, dass er keine Noten lesen konnte, wurde Brubeck beinahe vom College ausgeschlossen. Mehrere seiner Professoren setzten sich für ihn ein und wiesen auf seine Fähigkeiten in Kontrapunkt und Harmonik hin. Da die Schule aber fürchtete, dass es zu einem Skandal kommen könnte, gewährte sie ihm den Abschluss nur gegen sein Versprechen, nie Klavier zu unterrichten.

Ähnlich den klassischen Barock-Meistern, hier zuallererst J.S. Bach (vgl. "Die Kunst der Fuge"), dominiert auch bei Brubeck eine strenge äußere Form. Dabei experimentiert er mit ungewöhnlichen Taktarten. Paul Desmond (Altsaxophon) schrieb das sicherlich berühmteste Stück des Brubeck Quartets, "Take Five" im 5/4-Takt. Auch Brubeck selbst versuchte immer wieder neue Taktarten, z.B. "Unsquare Dance" in 7/4 und "Blue Rondo A La Turk" in 9/8 (beide auf dem Sampler enthalten). Man sagt, diese Takt-Experimente hätten schon auf der Farm seiner Eltern angefangen, wo er versuchte, Musik zu den ungeraden Rhythmen zu machen, die von den verschiedenen Maschinen erzeugt wurden.

Das Album "Time Out" von 1959 verhalf Brubeck zum internationalen Durchbruch. Darauf finden sind der Megahit "Take Five" und das von Mozart inspirierte "Blue Rondo À La Turk". Auch komponierte er Jazz-Standards wie "In Your Own Sweet Way", das natürlich auf dem Essential-Sampler nicht fehlen darf.

Brubeck befasste sich stets mit der Verbindung von Jazz und Klassik, 1960 schrieb er die Ballettmusik "Points On Jazz", 1968 sein Oratorium "The Light In The Wilderness" und 1979 das weihnachtliche Chorspiel "La Fiesta De La Posada". Das Dave-Brubeck Quartet trat 1959 in der New Yorker Carnegie Hall auf und spielte dort mit Leonard Bernstein und den New Yorker Philharmonikern Brubecks berühmte "Dialogues For Jazz Combo And Orchestra". 1999 führte er mit dem Bach Collegium München unter der Leitung von Russell Gloyd das Programm "Jazz Meets Bach" auf, das 2004 in Frankfurt in der Alten Oper mit "Brubeck Meets Bach" fortgeführt wurde, wovon das gleichnamige aktuelle Doppel-Album zeugt.

Es war sein Lehrer, der französische Komponist Milhaud, der den jungen Brubeck überzeugte, eine zweigleisige Karriere sowohl im Jazz als auch als Komponist anzustreben. Brubeck und andere Milhaud-Studenten begannen zu komponieren und in einem Oktett zu spielen, das Schallplattenaufnahmen machte und die Beachtung der Kritiker als innovative Kraft im Jazz auf sich zog. Unter den Musikern dieses frühen Oktetts waren Cal Tajder und Paul Desmond, die 1949 beide Mitglieder des Dave Brubeck Trios wurden, sowie der Klarinettist Bill Smith, der immer noch häufig mit Dave Brubeck auftritt. Das Oktett war sehr experimentierfreudig, machte aber nur wenige Aufnahmen und bekam noch weniger Auftritte.

Ein wenig entmutigt startete Brubeck ein Trio mit zweien der Mitglieder (ohne Desmond) und verbrachte mehrere Jahre damit, ausschließlich Jazz-Standards zu spielen. Dann formierte er das "Dave Brubeck Quartet", mit Joe Dodge, Schlagzeug, Bob Bates, Bass, Paul Desmond Saxophon und Brubeck, Klavier. In führenden amerikanischen Clubs trat das "Dave Brubeck Quartet" mit Stars wie Stan Getz, Charlie Parker, Dizzy Gillespie, Duke Ellington, Billie Holiday, Ella Fitzgerald und Gerry Mulligan auf. Mitte der 1950er wurden Bates und Dodge durch Eugene Wright und Joe Morello ersetzt. Eugene Wright ist Afroamerikaner; in den späten 50er Jahren sagte Brubeck mehrere Konzerte ab, weil der Clubbesitzer von ihm verlangte, einen anderen Bassisten zu suchen. Er sagte auch mehrere Fernseh-Auftritte ab, als er herausfand, dass man vorhatte, Wright nicht ins Bild zu bringen. 1960 brachte das Quartett das Album "Time Out" heraus, das schnell Platin erreichte.

Das Brubeck-Quartett trennte sich 1967; Brubeck spielte weiterhin mit Desmond und machte Aufnahmen mit Gerry Mulligan. Nach Desmonds Tod 1977 machten Mulligan und Brubeck die nächsten sechs Jahre gemeinsame Aufnahmen. Dann bildete Brubeck eine neue Gruppe mit Perry Robinson bzw. Jerry Bergonzi als Bläser, und drei seiner Söhne, Dan am Schlagzeug, Darius am Bass und Chris am Keyboard. In den letzten Jahren gehörten der Altsaxophonist Bobby Militello, der Bassist Michael Moore (der Alec Dankworth und Jack Six ersetzt) und der Schlagzeuger Randy Jones zu seinem Quartett.

Dave Brubeck erhielt 1996 den Grammy Award für sein Lebenswerk. Daneben erhielt er weitere Auszeichnungen, darunter einen Stern auf dem "Hollywood Walk of Fame", von sechs amerikanischen Universitäten den Ehrendoktor, den Ehrengrad der Universität Nottingham (England), den Ehrendoktor der Universität Freiburg (Schweiz) und den Ehrendoktor der Universität Duisburg. 1994 verlieh ihm Bill Clinton die National Medal of the Arts. Mit der Gründung des "Brubeck Institute", das sich für die Verbreitung moderner Musikstile einsetzt, ehrt die University of the Pacific den Namensgeber Dave Brubeck. Er habe die "eigensinnigste und schönste Musik geschaffen, die je gespielt wurde, seit der Jazz zur Welt kam", bestätigte ihm bereits 1954 das US-Magazin "Time".

Nach mehreren Herzoperationen hat Brubeck mittlerweile allerdings seine öffentlichen Auftritte reduziert. In Europa spielt er überhaupt nicht mehr. Zu Hause sitzt er aber noch jeden Tag am Klavier. "Er kann gar nicht aufhören zu spielen", sagt sein Sohn Chris. Brubeck philosophiert auch gern über Jazz: Dass Jazz von den Nationalsozialisten verboten wurde, wundert ihn nicht. "Jazz ist Freiheit in den Grenzen von Disziplin", erklärt er. "Eine Diktatur wie die Sowjetunion oder das Nazi-Deutschland wird normalerweise verhindern, dass Jazz gespielt wird, weil Jazz Freiheit und Demokratie repräsentiert. Viele verstehen nicht, wie diszipliniert man sein muss, um Jazz zu spielen - und das ist in der Tat der Grundgedanke der Demokratie: Freiheit innerhalb von Verfassung und Disziplin."

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