M. Illner: Politiker-Deutsch Deutsch-Politiker
Langenscheidt
ISBN 978-3-468-73190-7
Das kleine Brevier ist äußerlich aufgemacht wie die bekannten
Langenscheidt-Lexika. Und das ist kein Zufall, will es doch
Übersetzungshilfen geben. Schließlich ist das auch bitter nötig. Oder
verstehen Sie immer sofort, was ein Politiker meint, wen er etwas sagt!?
Hüten Sie sich beispielsweise, wenn das Wort "anpassen" fällt,
dann wird es nämlich unweigerlich teuer!
Und leere Worthülsen vernehmen wie mindestens so oft wie leere
Versprechungen.
So gibt uns das Büchlein zahlreiche vergleichende Gegenüberstellungen
von "internen" Absichten unserer Politiker und den
entsprechenden öffentlichen Formulierungen für uns "außen" und
"draußen" Stehende. Ähnlichkeiten wären da rein zufällig. Es
gibt auch einen Vielzahl von Hintergrund-Infos: Hätten Sie gedacht, dass
ein gähnend leerer Plenarsaal von besonderem Fleiß der Abgeordneten
zeugt? Und dass Diäten nichts mit Verzicht zu tun haben?
Maybrit Illner zeigt andererseits großes Verständnis für die Schwächen
der Politiker: "Sie möchten ja eigentlich wirklich etwas für uns
tun, nur gibt es da den unseligen Fraktionszwang". Diesem müssen sie
sich nämlich unbedingt unterwerfen, wenn sie in der Partei etwas werden
wollen und er fällt erst weg, wenn aus dem Politiker ein "Elder
Statesman" geworden ist. Aber auch dann wird das Leben nicht
leichter: "Dramatisch ist für die meisten Ex-Politiker der Wegfall
sämtlicher Interview-Anfragen. Um sich zu rächen, lassen sie ihre
Memoiren schreiben."
Und immer der Kampf mit dem Image: "Ideal ist für den Politiker ein
mittelgroßer, treuherzig dreinschauender, struppiger Mischlingshund, den
er unter Lebensgefahr aus einem brennenden Tierheim gerettet hat."
Oder auch: "Im Katastrophenfall sollten Politiker sich ein Bild vor
Ort machen – etwa bei Werkschließungen, Überflutungen oder Konzerten von
Tokio Hotel".
Vielleicht wollten Sie auch immer schon einmal wissen, was eigentlich
wächst, wenn der Politiker vom "Nullwachstum" spricht? Und wie
das "Signal der Geschlossenheit" klingt? Und haben Sie sich
vielleicht auch schon einmal gefragt, warum Ihre Wählerstimme
ausgerechnet in einer "Urne" landet?
Die Spezies "Politiker" ist zwar nicht unmittelbar vom
Aussterben bedroht, hat aber trotzdem etwas schon außerordentlich
Exotisches an sich. Der Politiker "an sich" gibt zudem immer
wieder Rätsel auf und fühlt sich ganz unverständlicherweise oft auch
noch unverstanden. Das kleine Büchlein will genau hier ansetzen, getreu
dem Untertitel "Politiker verstehen leicht gemacht". Da aber
Maybrit Illner selbst von den Politikern lebt (und leben muss), werden
bei der Schärfe der Darstellung (leider?) gewisse Grenzen nicht
überschritten, eine "Generalabrechnung" ist das amüsante Brevier
also nicht.