M. Korff: Johannes Brahms - Leben und Werk

Korff Johannes Brahms

dtv, ISBN 978-3-423-24656-9
An Brahms-Biografien besteht kein Mangel, warum also dieses neue Werk aus dem Jahr 2008? Bisherige Brahms-Biografien haben an vielen Stellen interpretiert, gedeutet, mystifiziert oder auch glorifiziert. Vielfach stand zudem nicht so sehr das Werk des Künstlers, sondern romanhaft mehr seine Person, seine Beziehungen, seine Eigentümlichkeiten im Fokus der Betrachtungen.

Das ist ja auch durchaus das gute Recht einer Biografie. Malte Korff aber ist Musikwissenschaftler und das merkt man ...

Die ersten Biografen (vgl. zum Beispiel das 8-bändige Werk von Max Kalbeck) schöpfen noch von der direkten Bekanntschaft oder sogar Freundschaft mit dem Komponisten und sind so als Zeitzeugen für die Brahms-Forschung unverzichtbar. Sie waren allerdings dem Künstler derart nahe, dass die gebotene kritische Distanz in der Darstellung nicht immer eingehalten wurde.

Das Buch von Malte Korff hat einen anderen Ansatz. Die biografischen Stationen werden knapp berichtet und an Hand nachprüfbarer Quellen belegt. Die dargestellten Lebensumstände dienen aber hauptsächlich zum Verständnis der in diesen Phasen entstandenen Werke. Zwar war gerade Brahms, im Gegensatz zu den "Neudeutschen" um Liszt und Wagner der "absoluten Musik" in ihrer klassischen Form verpflichtet – und an diesem formalen Anspruch hat er auch zeitlebens festgehalten. Andererseits hängt aber bei Brahms die Stimmung, der Ton, die Empfindung der einzelnen Werke sehr vom augenblicklich Erlebten ab. Hier hilft uns Malte Korff, einzelne Stücke in den Lebenszusammenhang zu stellen und dadurch besser verstehen zu können. Und gleichzeitig wird noch eine kleine musiktheoretische Einführung in die Hauptwerke beigegeben.

Die Johannes Brahms beeinflussenden Zeitgenossen werden in Hinblick auf ihre Bedeutung für das Werk des Künstlers dargestellt: So die Komponisten Robert Schumann, Franz Liszt, Richard Wagner, Max Bruch, Anton Bruckner und Antonin Dvorak. Dann aus dem nahen Freundeskreis die Dirigenten Hans von Bülow und Otto Dessoff, der Geiger Joseph Joachim. Der Arzt Theodor Billroth, der Verleger Fritz Simrock, der Grafiker und Fotograf Julius Allgeyer, die Maler Anselm Feuerbach und Max Klinger, der Dichter Klaus Grothe und der Musikkritiker Eduard Hanslick. Und natürlich vor allem die Pianistin Clara Schumann, zu der Brahms ein ganz besonderes Verhältnis hatte, die er als Mensch und Künstlerin verehrte und auf Brahms`sche Weise liebte. Schließlich die kunstsinnigen Familien Beckerath und Herzogenberg, die man heute als Mäzene bezeichnen würde und einige junge Pianistinnen und Sängerinnen (Agathe von Siebold, Hermine Spies), zu denen mehr als eine rein künstlerische Beziehung bestand. Wie schwierig Brahms` Persönlichkeit war, zeigt sich gerade aber auch an den meisten diesen Freundschaften, ihren Zerwürfnissen und oft genug auch Wiederversöhnungen. Wenn Brahms eine Fähigkeit völlig gefehlt hat, dann war es wohl die Gabe der Diplomatie.

Unschätzbar wertvoll ist der Anhang zu Korffs Brahms-Biografie. Hier findet man neben einer Zeittafel Hinweise auf weiterführende Literatur, eine Werkeverzeichnis und ein Personenregister, jeweils mit Verweisen auf die bezugnehmenden Seiten im Buch. Korffs Brahms-Biografie ist das Werk eines Fachmanns, eines exakt arbeitenden Musik-Wissenschaftlers. Es richtet sich ganz klar an den fortgeschrittenen Musikliebhaber, der mit diesem Buch nicht nur eine Biografie, sondern auch ein gediegenes Nachschlagwerk erhält.

Lieben Sie Brahms? Dann greifen Sie zu!