Lüpkes und Kehrer: Mörderisches Münsterland
KBV-Verlag
ISBN 978-3-940077-84-4
18 Mordgeschichten aus dem Münsterland zwischen Bocholt und Warendorf,
zwischen Gronau und Lüdinghausen – der Regionalkrimi boomt. Und warum
auch sollte gerade das Münsterland mordfrei sein? Nur weil es
erzkatholisch ist? Da täuschen Sie sich mal nicht und lesen besser
gleich das in der Münsteraner Lambertikirche spielende
tiefenpsychologisch inspirierte "Opferlamm" von Regula Venske.
Der Reiz dieses kleinen Mordbreviers liegt nicht zuletzt in der Vielfalt
der dargebotenen stilistischen und sprachlichen Mittel. Jede
Kurzgeschichte ist diesbezüglich anders aufgebaut, schließlich schreiben
hier auch 18 Autoren bzw. Autorenteams.
Gleich der erste Fall "Alles in bester Ordnung" von Norbert
Horst ist ein Knaller. Der nach einem Kopfschuss (offenbar nicht völlig)
wiedergenesene und danach in seine 1800-Seelen-Heimatgemeinde versetzte
Dorfpolizist lebt gedanklich im Wilden Westen und nimmt folgerichtig die
Dinge gern selbst einmal in die Hand. Die Story ist so skurril, dass der
Autor im Unterschied zu seinen Kolleginnen und Kollegen den genaueren
Ort der Handlung lieber gnadenvoll verschweigt, zumal das Vorwort von
Münsters Polizeipräsident Hubert Wimber verfasst wurde.
Grandios auch "Annette schreibt eine Ballade" von Judith
Merchant; Spielplätze sind hier die Burg Hülshoff und das Venner Moor.
Nach der Lektüre dieser aufregenden historischen Begebenheit wird man
wohl oder übel die Urheberschaft des von Goethe`schen Spätwerkes neu
überdenken müssen. Und vielleicht müsste man doch noch einmal im Moor
nach den Überresten des Geheimrates stochern?
Ein dicker Lesetipp gebührt auch dem im Lindenberg`schen Gronau
spielenden und ganz und gar abgedrehten "Manni fährt zum
Horizont" von Peter Godazgar sowie dem subtilen "When shall we
three meet again in Warendorf?" von Kathrin Heinrichs. Aber
natürlich ist das eine ganz subjektive Bewertung. Denn alle 18 Kurkrimis
entfalten einen völlig eigenen Charme.
Nun bin ich eigentlich gar kein Kurzgeschichten-Leser. Letztlich
beschleicht mich nach der Lektüre dieser knappen Erzählungen aber ein
Gefühl, dass manchmal weniger doch mehr ist, dass eine gute, spannende
literarische Idee durchaus auch in einer Kurzgeschichte zur Geltung
kommt, oder vielleicht gerade dort.
Und wer überhaupt hat heute noch die Muße, sich ins Kaffeehaus zu setzen
und dort einen Roman zu lesen, geschweige denn zu schreiben!? Heute, wo
man eher einen "Coffee to go" nimmt. Deshalb jetzt auch ganz
schnell Schluss mit dieser Kurz-Rezension, denn lesen müssen Sie dieses
mörderische Werk schon selbst.