Jean Weselbach: Der Gedanke steht im Wort

Gedanke im Wort - Weselbach

Untertitel: Eu- und Ahaphorismen
der Reflexionszonenmassage

Edition Noema
ISBN-10: 3-89821-963-1

1234 neue Eu- oder auch Ahaphorismen!
Und euphorisierende "Ahas" sind im nun schon dritten logosophischen Werk Weselbachs wahrhaftig wieder einmal garantiert.
Unterteilt nach den Kernbereichen des Lebens lassen uns die fast durchgehend "mehrdeutigen" Sinnsprüche schmunzeln, nachdenklich werden, ge- und betroffen nach innen schauen, hoffen, zürnen und zweifeln - aber nur, um uns zu erwecken und schlußendlich gehoben und zugleich heiter zu uns selbst zurückzuholen.

Immer wieder wunderbar, mit wie wenigen Worten man Wahres verifizieren kann!

Manche Sinnsprüche sind pure Poesie. Ins gleichnamige Album gehören sie wohl dennoch eher nicht. Zu schmerzhaft legt der logotherapeutische Doppelsinn trotz seiner erlösenden Sprachkunst den Finger in die Wunden der uns verblöden wollenden Kunstsprache. Zugleich aber gebiert der geistreich gedoppelte Sinn ein reiches geistig-sinnliches Doppel (mit körpergezieltem Kollateralnutzen!).

Einige Reflexionen sind wortwitzige Spiele mit Wörtern, andere dagegen spiegeln im Wechselspiel mit gewichtigen Worten den Ernst der Lage – letztlich aber fördern beide Spielarten unsere eigenen Wort-Wahr-Nehmungen und massieren so ganz nebenbei leicht-lockernd unsere Reflexionszonen, eine vom Autor ausdrücklich beabsichtigte Nebenwirkung.

Es gibt im jetzt vorgelegten dritten Band mehr deutsche Worte und weniger griechische und lateinische Begriffe. Das schadet nicht, sondern steigert eher noch das Lesevergnügen. Sicherheitshalber hat Weselbach aber auch diesmal wieder ein Glossar angefügt. Durchaus reizvoll die gedankliche Vorstellung eines solchen, künftig vielleicht einmal ganz der deutschen Sprache verpflichteten Wort-Werkes.

Gegenüber den ersten beiden Sammlungen erscheinen die jetzt veröffentlichten "Ahaphorismen" spitzer, schärfer und betont kantig-kompromissloser. Eine Folge der wachsenden Erkenntnis, wie wenig der leise logosophisch warnende Weise wirklich bewegen kann?

Sind wir aber bereit, so bewegt und bewirkt Weselbachs neues Werk wohl gerade deshalb etwas, weil es ganz gegen die Zeitläufte einer immer schlimmeren "sprachlichen Fahnenflucht" (Pascal Mercier) mit wahren Worten unaufdringlich, aber eben auch unausweichbar zum eigenständigen (Nach)-Denken verführt - und dies zudem auf eine höchst vergnügliche Weise.

Nicht unwahrscheinlich, dass in der Folge mancher sein verdrängendes, dabei aber unwissentlich gegen sich selbst gerichtetes inneres Schweigen brechen wird; denn wie Weselbach mahnend untertitelt: "Die Wahrheit steht im Wort".